Interview mit Dorothee Bär „Corona macht Versäumnisse bei Digitalisierung sichtbarer denn je“

Düsseldorf · Die Digitalisierung im Turbogang während der Corona-Krise wird Deutschland nach Einschätzung von Dorothee Bär eine schnellere und bedenkenlosere Nutzung digitaler Formate ermöglichen. Die Staatsministerin für Digitalisierung im Kurz-Interview.

 21.02.2019, Berlin: Dorothee Bär (CSU), Staatsministerin für Digitalisierung, nimmt an der 83. Sitzung des Bundestags zur Umsetzungsstrategie Digitalisierung teil. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

21.02.2019, Berlin: Dorothee Bär (CSU), Staatsministerin für Digitalisierung, nimmt an der 83. Sitzung des Bundestags zur Umsetzungsstrategie Digitalisierung teil. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Britta Pedersen

Frau Bär, die Grünen haben es mit technischen Anlaufschwierigkeiten bei ihrem digitalen Länderrat in die ZDF-Heute-Show geschafft – was wird die CSU bei ihrem digitalen Parteitag am Freitag mit Ihnen als Expertin im Kanzleramt besser machen?

Bär Wir führen die digitale Parteiarbeit auf eine neue Ebene. Zugleich zeigen wir als Volkspartei unsere Handlungsfähigkeit in herausfordernden Zeiten und setzen mit unserem Leitantrag inhaltliche Schwerpunkte für das Konjunkturpaket. Damit wollen wir unser Land aus der Krise in eine erfolgreiche Zukunft katapultieren. Das unterscheidet uns eben von anderen Parteien: Unser Anspruch ist ein Beitrag im „Heute Journal“. Nicht in der „Heute Show“.

Was ist die neue Ebene - welche Chancen, welche Risiken sehen Sie?

Bär Ich sehe dabei vor allem die Chance für all diejenigen, die nicht im direkten Umfeld zum Parteitagsort wohnen. Bayern ist groß. Delegierte aus meinem Wahlkreis sitzen da schon mal drei bis vier Stunden im Auto, um nach München zu kommen. Die Teilnahme am Parteitag wird vor allem für die Basismitglieder auf diese Weise deutlich einfacher und ist mit viel weniger Aufwand verbunden. Das wollen auch die Mitglieder. Erst vor kurzem hat eine Umfrage ergeben, dass sich 90 Prozent unserer Mitglieder mehr digitale Parteiarbeit wünschen. Natürlich ersetzt das digitale Format den Parteitag nicht eins zu eins, muss er aber auch gar nicht. Ich kann mir für die Zukunft sehr gut ein „sowohl, als auch“ vorstellen. Parteitage mit den Delegierten vor Ort, aber eben auch digitale Formate.

Die Corona-Krise hat die Digitalisierung im Turbogang beschleunigt. Wie lange hätte eine solche Entwicklung in normalen Zeiten gebraucht?

Bär Es lässt sich natürlich nicht pauschal sagen, wie lange eine solche Entwicklung sonst gebraucht hätte. Mit Gewissheit kann ich jedoch sagen, dass vieles nicht nur länger gedauert hätte, sondern so in Teilen undenkbar gewesen wäre. So zum Beispiel das massenhafte Arbeiten im Home-Office, das digitale Lernen an Schulen und Hochschulen, der Einsatz digitaler Hilfsmittel für Konferenzen und Besprechungen oder der #wirvsvirus-Hackathon der Bundesregierung. Auch einzelne Digitalisierungsvorhaben werden deutlich zügiger umgesetzt. Wir erleben täglich, was plötzlich möglich ist, diese Art der Zusammenarbeit und kollektiver Ideen- und Lösungsentwicklung müssen wir uns auch für die Zeit nach der Krise unbedingt erhalten. Die vielfältigen positiven Erfahrungen machen mich zuversichtlich, dass wir nun den großen Schwung und Rückenwind für die Digitalisierung beibehalten, dass wir den in Deutschland vorhandenen Innovationsgeist, die Kreativität und die vorhandene Expertise auch weiter stärker nutzen.

Welche Lücken müssen noch geschlossen werden?

Bär Die Krise macht bisherige Versäumnisse sichtbarer denn je. Sei es Home-Schooling, Home-Office oder Online-Verwaltungsdienstleistungen - wir sehen jeden Tag schmerzhaft, dass es gut gewesen wäre, in vielen Bereichen schon weiter zu sein. Andererseits bin ich zuversichtlich, dass wir Schwung aus der Krise schöpfen und dass digitalen Themen aufgrund der jetzigen positiven Erfahrungen in Zukunft weniger Ängste und Bedenken im Wege stehen.

(RP)
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