Parteitag in Rostock Doppelspitze bei Linken bleibt erhalten

Rostock (RP). Der Rostocker Linken-Parteitag hat den Weg für die Beibehaltung der Doppelspitze frei gemacht: Die Delegierten billigten am Samstag mit der notwendigen Zweidrittel-Mehrheit eine Satzungsänderung, derzufolge es auch künftig zwei Bundesvorsitzende geben wird.

Oskar Lafontaines Rückkehr in die Öffentlichkeit
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Die bisherige Satzung sah das Auslaufen der 2007 beschlossenen Regelung vor, die zur Wahrung des Ost-West-Proporzes eingeführt worden war. Damals war die Partei "Die Linke" aus PDS und WASG gegründet worden. Die am Samstag beschlossene Satzungsänderung sieht zudem zwei Bundesgeschäftsführer vor, zunächst befristet bis 2012.

Mit der Satzungsänderung folgten die Delegierten dem Resultat eines Mitgliederentscheids, bei dem sich die Basis mit klarer Mehrheit für die Doppelspitzen ausgesprochen hatte. Zu den neuen Parteichefs sollen in Rostock nun die stellvertretenden Fraktionschefs Gesine Lötzsch und Klaus Ernst gewählt werden. Sie treten die Nachfolge der bisherigen Vorsitzenden Oskar Lafontaine und Lothar Bisky an.

Lafontaines Abschied

Zuvor schrieb Oskar Lafontaine als scheidender Linken-Chef seiner Partei die Blockade ins Stammbuch. Zum Abschied startet der große Rhetoriker der deutschen Politik noch einmal ein finales Feuerwerk. Unter dem Jubel der Linken-Delegierten erklärt er, wie einfach die Welt ist.

In Nordrhein-Westfalen und anderswo gehe es nicht darum, ob die Linken lieber regieren oder opponieren wollen. Es gehe einzig darum, ob der Sozialabbau im Bundesrat gestoppt werden könne. Sei das möglich, dann sei die Linke in NRW bereit, eine rot-grüne Landesregierung "zu tolerieren", sagt er, und verbessert sich: "Entschuldigung — mitzutragen".

Es bleibt der einzige Versprecher. Der Rest der Rede ist der bei immer mehr Menschen beliebte Blick in Oskars Welt. Und in der ist "einfach" das Schlüsselwort. "Wir sind die Partei des demokratischen Sozialismus, das meint eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung — so einfach ist das." Alle anderen Parteien säßen in "Marionettenparlamenten" und "Marionettenregierungen", die den Banken "hinterherhecheln" — so einfach sei das. Und dann greift er die Vorhalte gegen ihn nur zu gerne auf: "Wir Populisten und Demagogen haben die einzigen Antworten." In der Wirtschafts- und Finanzkrise hätten alle anderen nur bei den Linken "abgeschrieben" - so einfach ist das.

Galopp durch die Themen

Es klingt eine Portion Genugtuung des einstmals deswegen belächelten und schnell aus der Verantwortung geflüchteten Ex-Bundesfinanzministers Lafontaine mit, als der scheidende Linken-Chef Lafontaine festhält, dass der Keynesianismus, also "die Geldpumpe des Staates", die "Weltwirtschaft gerettet" hat und es nun darum gehe, die Finanzmärkte zu regulieren.

Zügig galoppiert er durch die aktuellen politischen Themen und belegt sie mit scharfen Linken-Begriffen. Mit der gekauften Steuer-CD erweise sich die Regierung als "Hehlerin des Steuerbetrugs". Die Leiharbeit sei ein "Anschlag auf die Freiheit", und die Linke deshalb eine "Freiheitsbewegung". Schließlich gelte es, die "Käuflichkeit der Politik zu beenden". Ein Hartz-IV-Empfänger könne sich keine politische Entscheidung kaufen, der Besitzer der Mövenpick-Kette schon, das sei nicht demokratisch.

Mit originellen Bildern spricht sich Lafontaine ein letztes Mal ins Herz der Delegierten. Zur Forderung nach Parteispendenverboten bittet er die Genossen, sich eine Bundestagssitzung vorzustellen, in der Guido Westerwelle mit dem Schriftzug "Mövenpick" auf dem Trikot erscheint, Angela Merkel mit "Deutsche Bank", die SPD-Abgeordneten mit "Daimler-Benz", die Grünen mit "Allianz" — "nur die Linken kommen im Straßenanzug, stellt Euch das mal vor". Das tun die Angesprochenen nur zu gerne.

Neue Rentenformel verlangt

Erst recht, als Lafontaine eine neue Rentenformel "ohne Kürzungsfaktoren" verlangt und eine Bankenpolitik, durch die nicht nur die Verluste verstaatlicht werden, sondern auch die Gewinne. Er schließt mit einem leidenschaftlichen Appell, Deutschlands "einzige Antikriegspartei" zu bleiben. Kompromisslos für Frieden und soziale Gerechtigkeit - das ist Oskars Vermächtnis. Dann tritt er ab, sichtlich bewegt von dem jubelnden Applaus einer Partei, die er selbst gegründet und geformt hat und die er nun in neue Hände legt.

Zuvor hat schon Lothar Bisky seine letzte Rede gehalten. Wieder klug und intelligent geschrieben, wieder uninspiriert abgelesen. Nur bei der Griechenlandhilfe, die die Aufgabe der Linken besonders deutlich mache, wird er einmal leidenschaftlich. Eine Aushebelung sozialer Standards mache die Linken nicht mit. Nirgendwo. Und wenn nun "Wohlstandschauvinismus mit nationalistischem Einschlag" gegen Griechenland auf den deutschen Boulevards ins Felde geführt werde, so müsse einfach festgehalten werden: "Die korrupteste Firma in Griechenland hieß Siemens — ein sehr griechischer Name!"

(mit Agenturmaterial von AFP)
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