Trauerzeremonie im Dom zu Speyer Helmut Kohls Reise endet mit Händels "Saul"

Speyer · Vor der Beisetzung im engsten Kreis gab es einen Trauergottesdienst im Speyerer Dom.

Um 19.40 Uhr wird es still auf dem großen Platz. Drei Minuten später ertönt die Kaiserglocke des Speyerer Doms. Zwei Kranzträger verlassen den Dom. Dann kommt er, der Sarg mit dem Altkanzler, getragen von acht Offizieren von Heer, Luftwaffe und Marine. Das Musikkorps der Bundeswehr spielt das Oratorium "Saul", einen weltberühmten Trauermarsch, der etwa beim Begräbnis von Winston Churchill, George Washington und bei der Beisetzung des ermordeten Abraham Lincoln gespielt wurde. In Deutschland ist es der Standard-Trauermarsch der Bundeswehr bei Staatsbegräbnissen.

Langsam tragen die Offiziere den wuchtigen Sarg, der mit einer Deutschlandflagge bedeckt ist, in die Mitte des Platzes, stellen ihn auf einem Podest ab. Aus dem Dom, diesem imposanten romanischen Bauwerk aus gelbem und rotem Sandstein, folgt als erstes Maike Kohl-Richter. Eng an der Seite der Witwe: Kai Diekmann, früherer Chefredakteur der "Bild".

1500 Menschen sind im Dom versammelt

1500 Menschen sind an diesem Samstag in den Speyerer Dom gekommen, wo auch Hannelore Kohls Trauergottesdienst 2001 stattgefunden hatte. Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und dem früheren amerikanischen Präsidenten Bill Clinton nimmt auch der ungarische Premier Viktor Orbán teil. Berichte, Maike Kohl-Richter habe ihn bei der Trauerfeier im Europäischen Parlament als Redner gewünscht, hatten zuvor für Aufsehen gesorgt. Dass Helmut Kohl sich den Anti-Europäer Orbán als Trauerredner gewünscht haben könnte, hielten Weggefährten für nahezu ausgeschlossen.

Viele Mitstreiter Kohls aus Mainzer und Bonner Tagen waren ebenfalls Teil der Trauergemeinde: Ex-Finanzminister Theo Waigel, Horst Seehofer, Edmund Stoiber, Horst Köhler und Rainer Brüderle. Auch Ex-Politiker, mit denen Kohl wegen der CDU-Spendenaffäre in hartem Streit gelegen hatte, sind in den Speyerer Dom gekommen, etwa Heiner Geißler und Norbert Blüm. Versöhnung und Vergebung sind prägenden Leitmotive des Gottesdienstes. Kohls Söhne Walter und Peter sind nicht zugegen.

Dennoch - oder gerade deswegen - widmet ihnen der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann schon unmittelbar zu Beginn einen besonderen Gruß. Er spricht zugleich Maike Kohl-Richter Dank und Anerkennung aus, vor allem dafür, dass sie ihrem Mann in den Jahren langer Krankheit beigestanden hatte. Neben den "herausragenden Verdiensten Kohls um Versöhnung und Frieden in der Welt" betont Bischof Wiesemann auch die tiefe Heimatverbundenheit des Bundeskanzlers.

Wieder spielt das Musikkorps, wieder ist es "Saul"

Auch Hunderte Bürger, die im angrenzenden Domgarten trotz Regens teils über Stunden ausharren, erweisen Kohl die letzte Ehre. Nach dem Gottesdienst versuchen viele rings um den Domplatz, einen Blick auf die Szene zu erhaschen. "Augen gerade aus - Gewehr ab!", ruft der Kommandeur. Ein lautes Klacken hallt über den Platz, als die Gewehre abgestellt werden. Wieder spielt das Musikkorps, wieder ist es "Saul", dieser trauriger Marsch, der irgendwie auch Hoffnung macht.

Die Träger schreiten mit dem Sarg voran; acht Generale und Admirale begleiten den Tross. 18 Soldaten tragen neun Kränze. Es ist nach Acht, als der Sarg in den Leichenwagen gehievt wird. Es ist so still wie am Anfang, nur das Schnurren des Dieselmotors ist zu hören. Der Wagen fährt zum Friedhof des Domkapitels im Adenauerpark. Dort wird Helmut Kohl im engsten Familien- und Freundeskreis beigesetzt. So wollte er es.

(RP)
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