Zypries nennt Eckpunkte zur Ausweitung DNA-Analyse: Richtervorbehalt soll aufgeweicht werden

Berlin (rpo). Grundsätzlich hat sich die rot-grüne Koalition auf eine erweiterte Nutzung der DNA-Analyse geeinigt. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) nannte im Bundestag erstmals Eckpunkte für eine mögliche Gesetzesänderung.

Dabei soll der genetische Fingerabdruck aber nicht dem herkömmlichen gleichgestellt werden. Grünen-Rechtsexperte Hans-Christian Ströbele sagte, man habe mit der SPD am Mittwoch weitgehende Einigkeit erzielt. Weitergehende Forderungen der Union lehnten beide ab.

Zypries sprach von einer Reihe möglicher Änderungen an der bisherigen Rechtslage. So solle die Auswertung anonymer Genspuren an einem Tatort künftig nicht mehr von einem Richter angeordnet werden. Auch die freiwillige Entnahme einer DNA-Probe bei einem Verdächtigen bedürfe nicht des Richtervorbehalts. Nur bei der Entnahme gegen den Willen des Verdächtigen solle es bei der Prüfung durch den Richter bleiben - es sei denn, es wäre Gefahr im Verzug.

Darüber hinaus könne man die Speicherung von Daten aus DNA-Analysen auch dann zulassen, wenn nicht eine gravierende Straftat, sondern mehrere kleinere vorlägen, sagte Zypries. Neuere Studien hätten gezeigt, dass etwa Vergewaltiger in der Regel ein kriminelles Vorleben ohne Sexualbezug hätten. Aus einer Vielfalt kleinerer Delikte ergebe sich eine verfassungsrechtliche Legitimation zur Speicherung von Gendaten, falls erneute Straftaten zu erwarten seien. Schließlich sei es zudem nötig, Massengentests nach Mord oder Vergewaltigung auf eine eindeutige Rechtsgrundlage zu stellen.

Ströbele stimmte den von Zypries genannten Eckpunkten im Wesentlichen zu. Es gehe darum, schwere Straftaten so gut es gehe zu verhindern und nötigenfalls schnell aufzuklären. Die von der Union geforderte noch stärkere Ausweitung lehnte Ströbele aber ab.

"Nur Ganoven müssen sich sorgen"

In einem Antrag hatte die Union gefordert, den genetischen Fingerabdruck in der Praxis dem herkömmlichen gleichzustellen. Er solle immer dann erhoben werden dürfen, wenn weitere Straftaten zu erwarten sind, bei deren Aufklärung er helfen könnte. Dies soll nicht für Bagatelldelikte gelten. In Frage kommen dem Antrag zufolge neben "gewichtigen" Straftaten auch Delikte der Banden- und Drogenkriminalität sowie Sexualdelikte aller Art. Den Richtervorbehalt wollte die Union ganz gestrichen sehen.

CDU-Rechtsexperte Wolfgang Bosbach sagte, es gehe darum, mehr von den jährlich 6,5 Millionen Straftaten in Deutschland aufzuklären. Bisher liege die Quote nur bei 53 Prozent. "Zu viele Straftäter kommen davon." Genutzt werden solle der genetische Fingerabdruck keineswegs bei jedem Eierdieb, sondern nur nach den jetzigen Regeln der erkennungsdienstliche Behandlung. Sie werde nur bei 12,7 Prozent der Verdächtigen angewandt. Sorgen eines Missbrauchs der Analyse oder der Daten seien unbegründet, sagte Bosbach: "Nur die Ganoven, die müssen sich Sorgen machen."

Bisher hatten sich zwar Bundeskanzler Gerhard Schröder und Innenminister Otto Schily für eine erweiterte Nutzung der DNA-Analyse ausgesprochen. Zypries hatte sich aber noch nicht eindeutig positioniert und auf die Beratungen der Justizminister im April verwiesen. Da Hessen und Bayern inzwischen mit einem eigenen Vorstoß vorgeprescht seien, sei der Bund nicht mehr an das Abwarten gebunden, sagte Zypries.

(ap)
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