Ausländer, Alte, Behinderte, Schwule, Lesben Diskriminierung ist bitterer Alltag

Berlin · Jeder vierte Schüler mit Migrationshintergrund fühlt sich einer Studie zufolge in Deutschland im Bildungsbereich diskriminiert. Die Benachteiligungen - auch von Behinderten - wirkten sich negativ auf den Bildungserfolg, die Leistungsfähigkeit und die Arbeitsmotivation der Betroffenen aus. Auch an Universitäten und im Berufsleben sei die Lage prekär.

 Und raus bist du! Viele Arbeitnehmer fühlen sich im Job wegen ihres Alters diskriminiert.

Und raus bist du! Viele Arbeitnehmer fühlen sich im Job wegen ihres Alters diskriminiert.

Foto: gms

Jeder vierte Schüler mit Migrationshintergrund fühlt sich einer Studie zufolge in Deutschland im Bildungsbereich diskriminiert. Die Benachteiligungen - auch von Behinderten - wirkten sich negativ auf den Bildungserfolg, die Leistungsfähigkeit und die Arbeitsmotivation der Betroffenen aus. Auch an Universitäten und im Berufsleben sei die Lage prekär.

Das geht aus einem am Dienstag veröffentlichten Bericht der Antidiskriminierungsstelle (ADS) des Bundes hervor. Generell seien Diskriminierungen in Deutschland weit verbreitet. Die Studie ist bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes online abrufbar.

Die wichtigsten Erkenntnisse:

Die Lage in den Schulen: In Schulen sind Diskriminierungen der Studie zufolge alltäglich. Nicht zuletzt erlebten Eltern behinderter Kinder oder Eltern mit Migrationshintergrund erschwerte Bedingungen etwa bei der Einschulung oder der Aufnahme ihrer Kinder in integrative Einrichtungen. Auch an deutschen Hochschulen gaben zahlreiche Befragte aus Minderheitengruppen an, sich schlechter behandelt zu fühlen als Mitglieder anderer Gruppen.

Die Diskriminierung habe den Experten zufolge schon seit längerem Einzug in die Alltagssprache von jungen Leuten gefunden. Worte wie "Hartzen", "Schwuchtel", "Homo" oder "Opfer" seien auf Schulhöfen inzwischen gebräuchlich. Die Folgen für betroffene Kinder seien erheblich. Wer sich ausgegrenzt fühle, so erklären Experten, habe weniger Energie, um in der Schule erfolgreich zu arbeiten.

Nicht nur die Schüler haben mit Problemen zu kämpfen. Auch Teile der Lehrerschaft fühlen sich diskriminiert. So würden es viele schwule und lesbische Lehrer vermeiden, offen über ihr Privatleben zu sprechen, weil sie anschließend Spott und Anfeindungen zu fürchten hätten.

Was tun? Die Antidiskriminierungsstelle rät Schulen und Hochschulen dazu, unabhängige Beschwerdestellen einzurichten. Hier sollen sich Betroffene schnell und unkompliziert Rat holen können. Der Experten fordern zudem, dass Schulbücher um "Darstellungen von nicht geschlechtskonformen Verhaltensweisen" ergänzt werden. Homosexualität und Bisexualität würden bislang zur "Abweichung von der Norm" erklärt. Dies solle sich ändern. In den Landesbildungsgesetzen müsse außerdem ein umfassender Diskriminierungsschutz verankert werden.

Die Lage in der Berufswelt: Auch im Job haben Menschen mit Diskriminierungen zu kämpfen, wenn auch auch aus anderen Gründen. Statt finanziellem Status oder sexuelle Orientierung stehen hier vor allem Alter und Geschlecht im Mittelpunkt. Die Mehrheit der gemeldeten Fälle bezogen sich auf Benachteiligungen wegen Alter (25,9 Prozent) und Geschlecht (25,5 Prozent).

Den Daten zufolge denkt ein Drittel aller Befragten, dass sie aufgrund des Alters aus dem Unternehmen gedrängt werden. Mehr als zwei Drittel aller Schwulen und Lesben wurden nach eigenen Angaben schon mal verbal attackiert oder Opfer von Mobbing. Viele Unternehmen zögerten zudem Menschen mit sichtbaren Behinderungen einzustellen. Behinderte Menschen, so die Befürchtung, könnten ihrem sportlich-jung-dynamischen Image schaden.

Was tun? Betriebliche Beschwerdestellen sollen ausgebaut werden. Zudem sollten Betriebe neue Ansätze wie zum Beispiel die Anonymisierte Bewerbung nutzen. Bei diesem Verfahren sind Name, Alter und Geschlecht des Bewerbers zumindest in der ersten Phase des Verfahrens dem Arbeitgeber nicht bekannt.

Die Studie wird am Dienstag dem Bundestag vorgestellt. "Es ist das erste Mal in Deutschland, dass Benachteiligungserfahrungen bei Bildung und Arbeit derart umfassend untersucht wurden", sagte die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, Christine Lüders. "Beides sind zentrale Lebensbereiche, in denen Diskriminierung stattfinden kann." Gerade hier böten sich aber auch große Chancen, um auf mehr Vielfalt und Chancengleichheit hinzuwirken.

(dpa/afp/rtr/csi)
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