Streit um Dieselfahrzeuge in Städten Regierung will Fahrverbote mit neuem Stickoxid-Richtwert vermeiden

Berlin · Die Bundesregierung will mit einem höheren Stickoxid-Richtwert Diesel-Fahrverbote in Städten vermeiden. Das Kabinett beschloss am Donnerstag eine dementsprechende Gesetzesregelung.

Diesel: Regierung will Fahrverbote mit neuem Stickoxid-Richtwert vermeiden
Foto: dpa/Christoph Schmidt

Danach sollen Fahrverbote in Städten mit einer Stickoxid(NOx)-Belastung von unter 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft als unverhältnismäßig gelten. Der Wert ist ein Viertel höher als die von der EU festgelegte Grenze von 40 Mikrogramm. Darüber hinaus sollen demnach Fahrverbote weder für Autos der neueren Norm Euro-6 noch für solche mit einem Ausstoß unter 270 Milligramm NOx pro Kilometer gelten. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die Fahrverbote schon in mehreren Städten durchgesetzt hat, sprach von einem skandalösen und rechtswidrigen Vorhaben. Gerichte werde dies aber nicht von Fahrverboten abhalten, da die EU-Grenzwerte bindend seien. Zudem werde man ein neues Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland anstoßen.

Die DUH argumentiert, das Recht der Europäischen Union (EU) mit der 40-Mikrogramm-Schwelle sei eindeutig. Eine Änderung "ignoriert geltendes Recht und ist letztlich willkürlich" schrieb die Organisation in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf. Das Vorhaben sollte eigentlich schon vergangene Woche im Kabinett beschlossen worden. Wegen Uneinigkeit zwischen Umwelt- und Verkehrsministerium über Einzelheiten der Regelung wurde es aber verschoben.

Mit der Änderung des sogenannten Bundes-Immissionsschutzgesetzes setzt die Regierung auch Beschlüsse des Koalitionsgipfels aus dem Oktober um. Die Spitzen von Union und SPD hatten beschlossen, etwa Behördenfahrzeuge und Lieferwagen mit Katalysatoren nachrüsten zu lassen. Zudem sollten Prämien der Hersteller Diesel-Fahrer zum Umstieg auf saubere Autos in Regionen mit besonders hoher Belastung bewegen. Dort soll eine Nachrüstung für bestimmte Autos ebenfalls möglich sein. Volkswagen und Daimler haben auf Druck der Regierung dafür zuletzt zwar Hilfen bis zu 3000 Euro in Aussicht gestellt, BMW lehnt dies aber wie ausländische Hersteller ab. Zudem wird dies aufgrund von Zulassungsverfahren laut Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) erst ab 2021 möglich sein. Dann könnten die Grenzwerte aber in fast allen Städten wieder unter die kritische Marke gesunken sein.

Schon an diesem Donnerstag könnten aber weitere Fahrverbote angekündigt werden. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entscheidet nach Klagen der DUH darüber für Essen und Gelsenkirchen.

(felt/Reuters)
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