Druck auf Schmidt wächst Dienstwagenaffäre: Ministerium räumt Privatfahrten ein

Berlin (RPO). Gesundheitsministerin Ulla Schmidt gerät zunehmend unter Druck. Ihr Ministerium räumte ein, die Politikerin habe ihren Dienstwagen während des Urlaubs auch privat genutzt. Opposition und Verbände laufen Sturm und wollen eine vollständige Aufklärung der Affäre. Außerdem soll geklärt werden, warum die Ministerin den inzwischen gestohlenen Wagen nebst Fahrer überhaupt mit nach Spanien nahm.

Ulla Schmidt - Ministerin mit vielen Feinden
Infos

Ulla Schmidt - Ministerin mit vielen Feinden

Infos
Foto: AP

"Der Bundesministerin für Gesundheit steht wie allen Mitgliedern des Bundeskabinetts ein personengebundener Dienstwagen für dienstliche und private Nutzung mit Fahrer ständig zur Verfügung", erklärte Schmidts Ministerium. Auch im diesjährigen Spanienurlaub habe sie den Dienstwagen "mehrfach dienstlich und privat genutzt". Bei privaten Fahrten "wird das selbstverständlich gemäß den Bestimmungen auch privat abgerechnet".

Über den Diebstahl des Wagens hatte zunächst das Nachrichtenmagazin "Focus" berichtet. Eine Ministeriumssprecherin wurde mit den Worten zitiert, Schmidt absolviere mit dem Wagen im Urlaub dienstliche Termine, wie den Besuch von Seniorenheimen, in denen deutsche Rentner leben. Für Privatausflüge benutze Schmidt einen Mietwagen. Das Ministerium bestätigte den Bericht.

Regierungssprecher Klaus Vater, zuvor Sprecher von Schmidt, hat die Politikerin gegen die Vorwürfe in Schutz genommen. "Selbstverständlich rechnet die Ministerin jeden privat gefahrenen Kilometer mit ihrem Dienstwagen auch privat ab und lässt nicht den Steuerzahler dafür aufkommen", sagte Vater unserer Redaktion. "Das gilt auch im Urlaub."

In Alicante verbringe Schmidt seit Jahren regelmäßig ihre Ferien und nehme dabei auch offizielle Termine wahr, so Vater. "Dazu zählt unter anderem die Einladung des Bürgermeisters. Da kann sie als Repräsentantin der Bundesregierung nicht mit einem Kleinwagen vorfahren." Am Montag spricht Schmidt auf einer Veranstaltung der deutschen Botschaft über Gesundheitsversorgung für deutsche Rentner in Spanien.

Opposition fordert Aufklärung

Aus der Opposition kam eine Welle des Protests. Dort wird die Notwendigkeit eines Dienstfahrzeugs angezweifelt. "Ich möchte wissen, für welche Termine Frau Schmidt Dienstwagen und Fahrer in Alicante benötigt hat und warum es nicht möglich war, dass ihr die Botschaft Transportmöglichkeiten zur Verfügung gestellt hat. Dazu muss Frau Schmidt Auskunft im Ausschuss geben", sagte Otto Fricke (FDP) der "Bams". Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses will Schmidt nun vor den Ausschuss laden. Es müsse geklärt werden, warum sie in Alicante einen Dienstwagen brauche.

Nach Ansicht der Linken ist die Mitnahme des Dienstwagens "Verschwendung pur". "Frau Schmidt hätte dort jederzeit ein Auto über die Botschaft erhalten können. Da hätte sie sich keine Sorgen machen müssen", sagte die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Gesine Lötzsch. Eine Fahrt mit dem Dienstwagen von 2.500 Kilometern sei nicht nur eine Verschwendung von Steuergeldern, sondern auch Verschwendung von Arbeitszeit. Ein einziger Termin rechtfertige nicht, dass ein Angestellter tagelang unterwegs sei. "Das steht in keinem Verhältnis", sagte Lötzsch. Geklärt werden müsse, wer die Kosten dafür zahle.

Steuerzahlerbund: "Unglaubliche Sache"

Abseits des politischen Betriebes sieht sich die Gesundheitsministerin ebenfalls harscher Kritik ausgesetzt. Der Chef des Bundes der Steuerzahler, Karl-Heinz Däke, sprach in der "B.Z. am Sonntag" von einer "unglaublichen Sache". "Es wäre sicherlich kostengünstiger gewesen, ein Taxi, einen örtlichen Fahrdienst oder einen Wagen der deutschen Botschaft zu nutzen, als den Dienstwagen samt Chauffeur nach Spanien zu bestellen", sagte Däke. "Offensichtlich vergisst der eine oder andere gern, dass irgendjemand all ihre Annehmlichkeiten bezahlen muss: der Steuerzahler." Der Verband will der Ministerin am Montag einen Brief schreiben.

Noch weiter ging der Präsident der Freien Ärzteschaft, Martin Grauduszus: Er forderte eine "vollständige Aufklärung der Dienstwagenaffäre". "Eine Ministerin, die nicht müde wird auf angeblich korrupte Ärzte hinzuweisen, kann es sich keinesfalls erlauben, auch nur einen Hauch des Verdachtes auf Missbrauch von Steuergeldern auf sich zu ziehen", erklärte er. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sei gefordert. Sie müsse sicherstellen, dass Steuergelder nicht für den Luxus einer Dienstlimousine mit Fahrer im Privaturlaub ausgegeben würden.

Falls die Ministerin nicht den Nachweis führen könne, dass sie wichtige Termine in Spanien wahrzunehmen hatte, sei ein sofortiger Rücktritt unvermeidlich, erklärte Grauduszus.

(DDP/ndi)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort