Europäisches Förderprojekt Die wirtschaftliche Hoffnung heißt Halbleiter

Berlin · Bund und Länder nehmen weitere vier Milliarden Euro in die Hand, um den Aufbau von Chipproduktion in Deutschland weiter zu stärken. Schon frühere Milliardenförderungen dieser Industrie sorgten für Aufsehen. Dabei geht es nicht nur um ein wirtschaftspolitisches Vorhaben, sondern auch um Geopolitik.

Auf der Ansiedlung von modernster Halbleiterproduktion in Deutschland liegt große Hoffnung.

Auf der Ansiedlung von modernster Halbleiterproduktion in Deutschland liegt große Hoffnung.

Foto: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Wenn es um die Halbleiterindustrie in Deutschland geht, dann greift die Bundesregierung gerne zum Superlativ. Sie werde eine der „Schlüsselindustriebranchen der Zukunft“ sein, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Montag bei einer Konferenz zur Mikroelektronik in seinem Ministerium. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zieht bei dem Thema gerne das große Register. Angesichts der Niederlassung des US-Chipriesen Intel in Magdeburg sagte Scholz Mitte Juni, man schließe damit „technologisch zur Weltspitze auf“. Allen Unkenrufen zum Trotz sieht die Regierungsspitze in den jüngsten Ansiedlungen einen Beleg dafür, dass es besser um die deutsche Wirtschaft bestellt ist, als derzeit viele meinen.

Den Aufbau der Mikroelektronik in Deutschland will die Bundesregierung gemeinsam mit den Bundesländern nun mit vier Millarden Euro weiter stärken. Das Fördervolumen verteilt sich auf insgesamt 31 Projekte in elf Bundesländern, darunter international bekannte Unternehmen, aber auch kleinere Zulieferfirmen und Start-Ups. 70 Prozent der Förderung übernimmt der Bund, 30 Prozent steuern die beteiligten Bundesländer bei. Am Montag gab Vizekanzler Habeck den Startschuss zur Ausschüttung der Fördergelder. Sie sind Teil eines gemeinsamen europäischen Projekts (IPCEI) zur Stärkung der Mikroelektronik mit einem Gesamtvolumen von 43 Milliarden Euro.

Hinzu kommen weitere Milliardensubventionen der Bundesregierung aus einem anderen Fördertopf, dem Klima- und Transformationsfonds (KTF). Für Aufsehen sorgte zuletzt die Intel-Ansiedlung in Magdeburg, für die die Bundesregierung alleine eine Unterstützung von 9,9 Milliarden Euro vorsieht. Den Bau einer Halbleiterfabrik des taiwanesischen Herstellers TSMC in Dresden will die Bundesregierung mit weiteren fünf Milliarden Euro unterstützen.

Hinter den hohen Summen verbirgt sich nicht nur ein wirtschaftspolitisches, sondern auch ein geopolitisches Vorhaben. Man wolle ein „neues Ökosystem für Industrie“ aufbauen, sagte Habeck. Bisher seien Deutschland und Europa „in einem hohen Maße abhängig von außereuropäischer Produktion“. Im Zuge ihrer Souveränitätsstrategie will die EU diese Abhängigkeit reduzieren und die eigene Chipproduktion auf 20 Prozent Marktanteil verdoppeln. Der Vizekanzler sprach von etwas „Großem“ aus Gründen der Wirtschaftssicherheit. „Wenn uns die letzten Jahre eines gelehrt haben, dann dass wir nicht blind vertrauen dürfen, dass Lieferketten immer bedingungslos funktionieren.“

Von den Länderchefs war am Montag ein Aufruf an die EU-Kommission zu mehr Tempo bei den Förderprojekten zu hören. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte, die EU brauche einen anderen „Antritt“. Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) betonte, wichtige Förderprojekte müssten schneller kommen und dürften nicht so aufwendig sein.

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