Nahost-Gespräche in Washington Die Symbolik des Neuanfangs

Washington (RP). Israel und die Palästinenser haben sich erstmals seit Ende 2008 wieder zu direkten Gesprächen getroffen. Die Atmosphäre am Beginn der Gespräche in Washington war betont freundlich – alles dreht sich um die Symbolik des Neubeginns. In der Substanz freilich zeigen sich beide Seiten hart.

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Washington (RP). Israel und die Palästinenser haben sich erstmals seit Ende 2008 wieder zu direkten Gesprächen getroffen. Die Atmosphäre am Beginn der Gespräche in Washington war betont freundlich — alles dreht sich um die Symbolik des Neubeginns. In der Substanz freilich zeigen sich beide Seiten hart.

Für zwei Männer, die ein verzwickter Konflikt trennt, scheinen sich Benjamin Netanjahu und Mahmud Abbas geradezu prächtig zu verstehen. Jedenfalls spielen sie es so vor. Hier ein freundliches Zupfen am Anzugärmel, dort ein joviales Schulterklopfen. Nachdem die offiziellen Reden gehalten sind, stecken sie die Köpfe zusammen, um noch ein wenig zu plaudern.

Sähe ein Ahnungsloser die beiden Grauschöpfe bei ihrer Harmonieübung im Benjamin-Franklin-Saal des US-Außenministeriums, könnte er denken, hier säßen zwei alte Schulfreunde, die gleich bei einer Tasse Tee in Jugenderinnerungen schwelgen werden.

"Ich schaue mich um und sehe Veteranen", schlägt auch Hausherrin Hillary Clinton einmal kurz einen lockeren Ton an. Für viele der Unterhändler sei es ja nicht die erste Reise an den Verhandlungstisch, sagt sie grinsend. Der Rest ist feierliche Beschwörung historischer Chancen.

Signale des guten Willens

Netanjahu und Abbas könnten ihre Völker befreien von den "Fesseln einer Geschichte, die wir nicht ändern können", sagt die Außenministerin. Washington werde ein aktiver Partner sein, doch könne und wolle es kein Abkommen erzwingen: "Nur Sie können die Entscheidungen treffen, die für eine Einigung nötig sind."

Wenn Atmosphäre und Körpersprache etwas aussagen über die Chancen von Friedensgesprächen, dann ist es zumindest kein Fehlstart. Schon am Abend zuvor hatten sich die Streithähne bemüht, wie erwachsene Männer zu wirken, die einander zuhören. Im East Room, dem Prachtstück des Weißen Hauses, war es weniger ums Inhaltliche als um Signale guten Willens gegangen.

Und um ein schönes Mannschaftsbild. In Fünferreihe schritten die Akteure über den etwas zu schmalen roten Teppich, in der Mitte Barack Obama, neben ihm Netanjahu und Abbas, außen der ägyptische Präsident Hosni Mubarak und Jordaniens König Abdullah II.

Netanjahu wählte den historischen Ton: "Präsident Abbas, Sie sind mein Partner im Frieden." Das jüdische Volk, betonte der Israeli, sei kein Fremder im Land seiner Vorväter. Aber es erkenne an, dass ein anderes Volk dieses Land mit ihm teilen wolle. Er wolle einen historischen Kompromiss finden, so Netanjahu. Allerdings dürfe aus Territorium, das Israel aufgebe, keine "iranisch gesponserte Terror-Enklave" werden.

Abbas verurteilt Anschlag

Abbas erinnerte an den aktuell größten Stolperstein, den Bau jüdischer Siedlungen im Westjordanland, der in höherem Tempo fortgesetzt wird, falls Israel einen am 26. September auslaufenden Teilstopp nicht verlängert. Er werde hart für eine Friedenslösung arbeiten, der Siedlungsbau aber müsse eingefroren werden, betonte der Palästinenser. Ohne Wenn und Aber verurteilte er den Mord an vier jüdischen Siedlern bei Hebron, der den Gipfel überschattet.

Obama machte in schmucklosen Sätzen klar, dass er nicht der weltentrückte Träumer ist, für den ihn manche seiner Kritiker halten: "Wir haben keine Illusionen. Jahre des Misstrauens werden nicht über Nacht verschwinden." Nur dürfe die Chance nicht verstreichen.

In der Substanz gibt es wenig Neues, alles dreht sich um die Symbolik des Neubeginns. Doch wie sehr der Teufel im Detail steckt, machen schon kleine Hakeleien am Rande deutlich. Mubaraks Vorschlag, zur nächsten Runde nach Ägypten einzuladen, löst nicht nur Beifall aus. Mancher sieht darin sogar ein böses Omen. "Das wäre gar nicht gut für den Friedensprozess", meint Marwan Muasher, früher jordanischer Außenminister, heute Konfliktforscher an der Carnegie-Stiftung für Internationalen Frieden. Nur wenn es in Washington weitergehe, sei das für ihn ein Zeichen, dass es die USA ernst meinen mit dem Vermitteln.

Madeleine Albright, beim Friedensversuch 2000 in Camp David Amerikas Chefdiplomatin, verweist auf wichtige Spieler, die abwartend an der Seitenlinie stehen. Früher oder später müsse auch Saudi-Arabien dazukommen, schon weil es als langjähriger Förderer der Hamas das Handeln der Islamisten in Gaza beeinflussen könne.

(RP)
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