Das Spitzenduo Göring-Eckardt und Trittin Die stille Siegerin und das grüne Urgestein

Berlin · Eigentlich wollte Katrin Göring-Eckardt gar keine Urwahl für die Spitzenkandidatur der Grünen. Ein "Spitzenteam" hätte die Thüringerin besser gefunden. Nun soll die 46-Jährige neben Fraktionschef Jürgen Trittin die Partei in den Bundestagswahlkampf führen.

Göring-Eckardt und Trittin gewinnen bei Urwahl
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Göring-Eckardt und Trittin gewinnen bei Urwahl

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Mit 47,3 Prozent stach Göring-Eckardt klar die beiden anderen Kandidatinnen Renate Künast und Claudia Roth aus. Zugute kam ihr, das sie anders als Roth dem Realo-Flügel der Partei zugerechnet wird, während Trittin eher dem linken Flügel angehört. Und Fraktionschefin Künast war nach ihrer Schlappe bei dem Versuch, 2011 Berliner Bürgermeisterin zu werden, womöglich geschwächt. Im öffentlichen Auftritt können sich Göring-Eckardt und Trittin gut ergänzen. Er polarisiert gern, sie wägt ihre Worte sorgfältig, was auch mit ihren Ämtern in Bundestag und Kirche zu tun haben dürfte.

Als langjährige Vizepräsidentin des Bundestags genießt Göring-Eckardt parteiübergreifend Respekt. Die 46-jährige Thüringerin war beim Umbruch 1989 in der DDR als Bürgerrechtlerin aktiv und ist Gründungsmitglied von "Demokratie jetzt" und "Bündnis 90".

Politische Karriere startete in Thüringen

Zunächst in der Thüringer Politik aktiv, wurde sie erstmals 1998 in den Bundestag gewählt. Seit 2005 ist sie Vizepräsidentin des Parlaments. Thematische Schwerpunkte sind die Sozial- und Familienpolitik. 2009 wurde die Mutter von zwei Kindern zur Präses der Synode der Evangelischen Kirche gewählt. Dieses Amt lässt sie nun bis nach der Bundestagswahl ruhen.

Ihre Kompetenz in der Sozialpolitik wird Göring-Eckardt auch im Bundestagswahlkampf einbringen. Als "Anwältin der Ärmsten" und "Kämpferin für soziale Gerechtigkeit" bezeichnete die Grünen-Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke die Parteikollegin. Mit ihrer Biografie könnte Göring-Eckardt damit auch Stimmen im Osten und im linken Lager sowie bei christlich gesinnten Wählern holen.

Jürgen Trittin wurde mit 71,9 Prozent klarer Sieger der Urwahl. Damit ist der 58-Jährige nun das Zugpferd der Partei im Wahlkampf und wohl auch die dominierende Führungsfigur der Grünen. Zwar wirkt der 58-Jährige "mitunter arrogant und kühl, auch dozierend oberlehrerhaft, von seinen fast zwei Metern herab", wie einmal die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schrieb. Aber er ist unumstritten die linke Führungsfigur der Partei. Parteichefin Claudia Roth, die wie Trittin eher dem linken statt dem Realo-Flügel zugerechnet wird, unterlag mit 26,2 Prozent klar bei der Urwahl.

Umweltbotschafter für Werder Bremen

Trittin kennt die Grünen in- und auswendig. Seit 1980 ist der studierte Sozialwissenschaftler Mitglied der Partei: 1994 bis 1998 war Trittin Parteichef, seit 1998 gehört er dem Bundestag an, seit 2009 ist er dort Fraktionschef. Von 1998 bis 2005 war er Bundesumweltminister, trennte sich in dieser Zeit von seinem Schnauzbart.

Trittin hatte als Zweiter nach Roth seine Bewerbung für die Spitzenkandidatur angemeldet und erklärt, er könne mit jeder Frau, die neben ihm antrete, gut zusammenarbeiten. Er sei jemand, "der Energiewende kann" und jemand, der nicht nur etwas verspreche, "sondern im Zweifelsfall auch in harten Konflikten durchsetzen kann".

Als "Anwalt des Atomausstiegs" pries Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke ihren Parteikollegen am Samstag. Unter Rot-Grün setzte Trittin als Umweltminister den Ausstieg aus der Kernenergie mit durch. Ewig verbunden mit seinem Namen bleibt die Einführung des gesetzlichen Dosenpfands.

Der gebürtige Bremer war bis vor Kurzem auch als Umweltbotschafter für Fußball-Bundesligist Werder Bremen tätig. Den Posten legte Trittin aber nieder und begründete dies mit der Tatsache, dass Werder neuerdings mit Trikotsponsor Wiesenhof wirbt.
Er wolle nicht für Massentierhaltung stehen, begründete Trittin, der ledig ist und eine Tochter hat, seinen Entschluss.

Klares Signal für Rot-Grün

Trittin legt Wert auf die Feststellung, dass er keiner Nebentätigkeit nachgeht, aus der er regelmäßig Einkünfte erzielt. Honorare für Vorträge und Fernsehauftritte spendet er. Das unterscheidet ihn von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Gemeinsam ist beiden, dass sie als scharfzüngige Redner gelten.

Trittin ist ein klares Signal für Rot-Grün. Das sieht auch die SPD so. "Damit sind wir der Ablösung von Schwarz-Gelb einen großen Schritt näher gekommen", urteilte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann über die Nominierung von Trittin und Ko-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt.

(APD)
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