Gabriel leistet vorarbeit für Bundestagswahl Die SPD sucht den Wahlkampfschlager

Berlin · In Berlin ist Sommerpause, doch die SPD treibt die nächste Wahl um. Sie braucht nicht nur einen Kanzlerkandidaten, sondern auch ein zündendes Wahlkampfthema. Der SPD-Chef startet einen Testballon.

Gauck-Kür sorgt für gute Laune bei SPD-Chef Gabriel
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Eigentlich hat sich Sigmar Gabriel drei Monate Auszeit für seine neugeborene Tochter genommen. Doch auch aus der "Baby-Pause" meldet sich der SPD-Vorsitzende eifrig über Twitter oder Interviews zu Wort. Jetzt sorgt er mit einem Thesenpapier gegen die Macht der Banken für Aufmerksamkeit. Der große Rundumschlag gegen deren Erpressung von Staaten, Gier und Betrug gipfelt in der Botschaft: "Die Bundestagswahl 2013 muss zu einer Entscheidung über die Bändigung des Banken- und Finanzsektors werden."

Tatsächlich sucht die SPD schon länger ein zündendes Thema, um sich schärfer von der Union und ihrer dominanten Kanzlerin Angela Merkel abzugrenzen. Beim Megathema Energiewende herrscht weitgehend Konsens zwischen den großen Parteien. Das Betreuungsgeld ist ausgereizt, ein Mindestlohn in Ansätzen auch von der Union akzeptiert. Bayerns SPD-Vorsitzender Florian Pronold warnt davor, auf Merkels Umarmungsstrategie hereinzufallen. "Wir müssen die Unterschiede noch deutlicher herausstellen und unsere Kernbotschaften stärker betonen", verlangt er im "Focus".

Nun testet Gabriel das Thema Bankenregulierung, das bei der Linkspartei schon länger ganz oben auf der Agenda steht. Das Timing ist dabei wohl nicht ganz zufällig: Erst am Donnerstag stimmte der Bundestag über Milliardenhilfen für marode spanische Banken ab. Viele SPD-Abgeordnete gaben ihre Zustimmung erklärtermaßen nur mit Bauchschmerzen. Auch der SPD-Vorsitzende empört sich, dass die Banken weiterspekulieren und wenn es schiefgeht bei der Politik Rettungspakete bestellen. Doch auch bei den großen Rettungsaktionen in der Euro-Schuldenkrise - EFSF, ESM und auch Fiskalpakt - haben die Genossen Schwarz-Gelb in einer faktischen großen Koalition die nötigen Mehrheiten gesichert.

Ein weiteres Dilemma für die SPD: Sie ist selbst für einen Teil der Deregulierung des Finanzsektors verantwortlich, die Gabriel nun kritisiert. Unter Kanzler Gerhard Schröder hatte Rot-Grün den Hedgefonds große Freiheiten eingeräumt. Daran erinnert auch die SPD-Jugendorganisation Jusos: "Die Bankenderegulierung wurde seinerzeit auch von der SPD mit vorangetrieben und das ist den Wählern auch noch gut in Erinnerung. Sie müssen also davon überzeugt werden, dass die SPD nun aus ihren Fehlern gelernt hat und eine andere, linke Politik machen will."

Die Union greift die Steilvorlage gerne auf. Unions-Fraktionschef Volker Kauder meint: "Diejenigen, die die Schranken eingerissen haben, müssen uns jetzt nicht erklären, wie man die Schranken wieder aufbaut." FDP-Generalsekretär Patrick Döring sieht in Gabriels Papier deshalb vor allem einen "plumpen Eröffnungszug im Kanzlerkandidaten-Schach der SPD". Der Parlamentarische Unionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) ätzte im Kurznachrichtendienst Twitter zur Suche der SPD nach einer Strategie für Bundestagswahl: "Sollten mal mit der Frage nach Spitzenkandidat anfangen!!"

Ob diese tatsächlich bis nach der Niedersachsen-Wahl Anfang 2013 offengehalten werden kann, erscheint mehr und mehr fraglich.
Gabriel dürfte in der Auseinandersetzung mit seinen beiden Konkurrenten aus der SPD-Troika - Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück - nicht ungelegen kommen, dass er mit den Bankenattacken vor allem auch dem damaligen Kanzleramtschef Steinmeier auf die Füße tritt. Auch wenn der SPD-Chef in einem Interview mit dem "Tagesspiegel am Sonntag" wissen lässt, wie sehr er die Zeit mit seiner kleinen Marie in ihrem ziemlich ruhigen Takt genießt - mit dem Banken-Papier hat er seine Ambitionen noch einmal untermauert.

(dpa)
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