NSA-Sondersitzung im Bundestag Die neue Machtlosigkeit der Mini-Opposition

Berlin · Nein, nicht Frank Walter-Steinmeier oder Andrea Nahles sind die Oppositionschefs im neuen Bundestag: Gregor Gysi von der Linkspartei füllt diese Rolle neuerdings aus. Bei der NSA-Sondersitzung wurde die Unterlegenheit der Mini-Opposition zum ersten Mal deutlich.

Beim ersten Mal verhandeln 75 Politiker
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Fast zwei Monate sind seit der Bundestagswahl am 22. September vergangen. Noch immer ist ein neuer Koalitionsvertrag nicht unterschrieben, das Parlament hat seinen Regelbetrieb noch nicht aufgenommen. Die Sitzung am gestrigen Montag war eine von der Linken und den Grünen beantragte Sondersitzung zur NSA-Spähaffäre.

Die Linke in Person ihres Fraktionschefs Gregor Gysi antwortete zum ersten Mal als erste Fraktion auf eine Regierungserklärung Merkels. Falls es zu einer großen Koalition kommen sollte, ist sie stärkste Fraktion der Opposition vor den Grünen — es ist eine Mini-Opposition wohlgemerkt.

Im neu zusammengestellten Parlament überragen die möglichen Neu- und Groß-Koalitionäre von Union und SPD das winzige Häuflein aus Linke und Grüne. CDU, CSU und SPD können alle Bedenken und Einwände der Opposition platt walzen. Dies wurde am Montag zum ersten Mal deutlich.

Opposition ohne Einwirkung

Denn diese Opposition kann nicht einmal einen Untersuchungsausschuss gegen die Regierung durchsetzen, weil die Verfassung dafür eine 25-Prozent-Hürde vorschreibt, die Opposition aber auf gerade 20,1 Prozent der Sitze kommt.

Die Mini-Oppositionellen suchten dennoch ihr Heil im verbalen Angriff. Linke und Grüne attackierten die amtierende Regierung scharf. Linksfraktionschef Gysi warf Friedrich und Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) vor, sie hätten sich von den USA "einlullen lassen", als sie die Affäre für beendet erklärten.

Gysi sprach von "Duckmäusertum" und forderte mehr Mumm: "Deutschland ist erst dann souverän, wenn es Herrn Snowden anhört, schützt, ihm Asyl gewährt und seinen sicheren Aufenthalt organisiert." Nachhaltig Gehör dürfte er sich nicht verschafft haben. Die Kanzlerin stützte ihren Kopf auf den Händen. Merkel blickte in den Saal. Alles - oder zumindest das meiste - schien an ihr abzuperlen.

Ströbele bringt Saal zum Lachen

Und die Grünen? Auch sie verlangten Schutz für Snowden. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele, der Snowden selbst Ende Oktober in Moskau getroffen hatte, warb vehement für eine Aufnahme des "Whistleblowers" in Deutschland. An die Adresse von Friedrich sagte er: "Sie machen überhaupt nichts, sondern sind devot in einem Maße, das einem deutschen Bundesinnenminister nicht würdig ist."

Ströbele war es auch, der zumindest für einen Lacher im Saal sorgte, als er Merkel fehlenden Mut vorwarf. "Wäre das nicht eine menschliche Geste, in Richtung von Herrn Snowden zu sagen: 'Dankeschön'?", fragte er mit Blick auf dessen Enthüllungen zum Lauschangriff auf das Kanzlerinnen-Handy. Immerhin Humor hat die Mini-Opposition.

(nbe)
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