Division Schnelle Kräfte Die neue Elite-Truppe

Stadtallendorf · Im hessischen Stadtallendorf entsteht die Division Schnelle Kräfte. Ein Verband aus Fallschirmjägern, Kommandosoldaten und Kampfhubschraubern, der Luftlandetruppe und Heeresflieger fusioniert.

2011: Zeitenwende bei der Bundeswehr
11 Bilder

2011: Zeitenwende bei der Bundeswehr

11 Bilder
Foto: dapd

Stadtallendorf Fallschirmjäger, die aus Tausenden Meter Höhe exakt im Anstoßkreis eines Fußballplatzes landen, Kommandosoldaten, die binnen Sekunden schwerbewaffnete Geiselnehmer überwältigen, Kampfhubschrauber, die im Tiefflug eine Taliban-Stellung angreifen — aus dem Drehbuch eines Hollywood-Films scheinen die Aufträge der künftigen Division Schnelle Kräfte (DSK) der Bundeswehr zu stammen. Dieser einzigartige Großverband wird gegenwärtig in Stadtallendorf in Hessen aufgestellt und soll trotz laufender Auslandseinsätze in knapp drei Jahren komplett stehen.

Die Siegermannschaft des 17. Internationalen Fallschirmjägerwettkampfs, der jetzt in Stadtallendorf endete, durfte nicht fotografiert werden: Es war ein Team des geheimnisumwitterten Kommandos Spezialkräfte (KSK) aus Calw. Die fünf durchtrainierten Männer nahmen auf einem Sportplatz der Herrenwald-Kaserne von Generalmajor Jörg Vollmer (54) stolz die Siegerpreise entgegen — auch Namen wurden dabei nicht genannt.

Der Auftrag Vollmers ist dagegen keine geheime Verschlusssache: Der Zwei-Sterne-General baut bis 2014 die Division Schnelle Kräfte auf. Der neue Verband mit rund 8600 Soldaten, dessen Stab in Stadtallendorf stationiert sein wird, umfasst künftig auch alle Heeresflieger der Bundeswehr. Sie sind unter anderem mit dem neuen Kampfhubschrauber "Tiger" und dem Transporthubschrauber "NH-90" ausgestattet. Nur die USA und Großbritannien haben militärische Verbände vergleichbarer Struktur.

Vollmer führt zurzeit die Division Spezielle Operationen (DSO) — Deutschlands militärische Antwort auf internationale Krisen und Notfälle aller Art, zu der das KSK und die zwei Luftlandebrigaden gehören. Sie wird mit den Hubschrauberkräften der Division Luftbewegliche Operationen verschmelzen. "Wir sind immer irgendwo im Einsatz", berichtet Vollmer, auf nähere Einzelheiten geht er aber nicht ein. Mit der DSK komme jetzt zusammen, was zusammengehöre: "Es ist ein Großverband neuen Zuschnitts, der erstmals alle aus der Luft heraus kämpfenden Verbände des deutschen Heeres zusammenführt und damit ihre Fähigkeiten optimiert."

Die Evakuierung deutscher Staatsbürger aus Gefahrensituationen im Ausland wie jüngst aus Libyen stand schon immer auf dem Dienstplan der DSO, ebenso der Auftrag der "Extraktion": die gesicherte Rückführung von Soldaten oder Zivilisten, die im Auftrag von Nato, EU oder UN im Ausland eingesetzt sind. Gedacht ist zum Beispiel an die Rettung von Beobachtern, die durch plötzlich aufflammende Gefechte gefährdet sind.

Die DSO stellt auch Soldaten für den Schutz von Bundeswehrverbänden, die nach Abschluss eines Einsatzes abziehen, sie kämpft gegen irreguläre Kräfte wie die Taliban, die beispielsweise deutsche Einsatzkontingente im Ausland bedrohen, und stellt ein Erkundungskommando zur Vorbereitung solcher Einsätze außerhalb Deutschlands.

Nahezu ununterbrochen ist die Division in Afghanistan im Einsatz: Ihre Soldaten stellten vor zehn Jahren das deutsche Erstkontingent — wie schon 1994 in Somalia oder 1996 in Bosnien-Herzegowina. Im Verband führen die Spezialkräfte des KSK eine Sonderrolle. Das KSK ist auch auf Geiselbefreiungen spezialisiert. Es operiert — teils in enger Zusammenarbeit mit Geheimdiensten — unter strengster Geheimhaltung, was die Opposition im Bundestag stellenweise stark verärgert. Erstmals brach das Verteidigungsministerium am 7. Mai 2009 sein Schweigen und berichtete stolz, dass KSK-Kräfte nach einer Verfolgungsjagd bei Faisabad den Taliban-Chef Abdul R. gefasst hätten.

Das KSK profitiert als einer der wenigen Truppenteile von der Neustrukturierung der Bundeswehr: In der Stationierungsentscheidung von Verteidigungsminister Thomas de Mazière (CDU) ist nachzulesen, dass der Standort Calw von 1340 auf 1540 Soldaten wachsen wird.

Von der Luftwaffe übernimmt die DSK den Auftrag "Search and Rescue", auf Deutsch "Suche und Rettung". Der in staatlichem Auftrag tätige Such- und Rettungsdienst für Notfälle in der Luft- und Seefahrt rettet mit seinen Hubschraubern jährlich Hunderte von Menschen, vor allem bei der Unterstützung des zivilen Rettungsdienstes bei Verkehrsunfällen.

Um die Rettung von Mitbürgern ging es auch bei der Gründung der Division Spezielle Operationen und des KSK: 1994 waren Mitarbeiter des Kölner Auslandssenders "Deutsche Welle" im Bürgerkrieg in Ruanda vor Rebellen in einen Sendeturm geflüchtet. Die Bundesregierung konnte ihnen nicht helfen. Belgische Fallschirmjäger retteten schließlich nur die 13 Deutschen; ihre afrikanischen Kollegen blieben zurück und wurden ermordet. Daraufhin beschloss die Bundesregierung, zügig ähnliche Kapazitäten wie die Alliierten aufzubauen.

Erkennbar sind die Soldaten der zukünftigen Division Schnelle Kräfte am ungewöhnlichen Farbton ihrer Kopfbedeckungen: Die Briten hatten im Zweiten Weltkrieg als erste das bordeauxrote Barett eingeführt. Der Legende zufolge verletzte sich ein Offizier am Kopf, sein olivgrünes Barett färbte sich rot, während er seinen Auftrag tapfer weiter ausführte — dieser ungewöhnliche Farbton wurde daher als Symbol für die besondere Härte der Luftlandetruppe nach und nach weltweit für fast alle Fallschirmjäger-Baretts übernommen.

(RP/sap/csi)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort