Bundespräsidentenwahl Die Linke zeigt ihr wahres Gesicht

Berlin (RPO). Die SPD und die Grünen hatten den roten Teppich für die Linke ausgelegt. Nach dem zweiten Durchgang der Wahl zum Bundespräsidenten bemühte sich eine hochrangige Delegation beider Parteien um ein Gespräch mit der Führung der Linken. Ein Bekenntnis der Linken zur Leistung im Joachim Gauck hätte ein historischer Tag sein können.

Christian Wulff zum Bundespräsidenten gewählt
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Die Botschaft von SPD-Fraktionschef Sigmar Gabriel und der Ex-Liberalen Hildegard Hamm-Brücher klang sehr nach Politikwechsel. Sie hätte der Linken eröffnet, in der sich neu ordnenden Parteienlandschaft an der Seite von Rot-Grün neue Allianzen zu ermöglichen. Obwohl Christian Wulff dank seiner absoluten Mehrheit in jedem Fall Bundespräsident geworden wäre, hätten die Stimmen der Linken für Joachim Gauck ein Wegzeichen sein können.

Doch wie die Partei der Linken wirklich denkt, bewies die geheime Abstimmung im dritten Wahlgang Fast trotzig verweigerten die Wahlmänner der Linken nach der langen Sitzung ein Statement gegenüber den TV-Anstalten, wie sich ihre Partei denn nun verhalten wolle. Gleich drei Parlamentarier floskelten im Vorbeigehen: Es sei eine freie Wahl, vulgo: Wir entscheiden nach unserem Gewissen. Wenn genau das passiert ist, dann ist es mit dem Gewissen der Linken nicht weit her. Die Linke verweigerte am Mittwochabend als Kollektiv die Anerkennung des Stasi-Schreckens in der DDR. Das wäre leicht gewesen, wenn wenigstens einige für Joachim Gauck gestimmt hätten.

Doch die nüchterne Bilanz der Zahlen des dritten Wahlgangs sieht anders aus. 121 Enthaltungen verzeichnet das Protokoll des Wahlausschusses der Bundesversammlung. Gerade mal vier Stimmen weniger als die Linke über Sitze in dem Gremien verfügt. Wie sagte doch der frisch gewählte Bundespräsident Christian Wulff in seiner Dankesrede: "Hier war jeder völlig frei zu entscheiden". Doch die Linke hat sich an die Aufforderung ihres Parteichefs Gysi gehalten und sich enthalten und zwar in der breiten Masse, nachdem ihre eigene Kandidatin, Luc Jochimsen, zurückgezogen hatte. Damit hat die Partei die Chance zu einer Neubewertung vergeben.

Dieser Tag wird bei der Bildung von Koalitionen und der Bewertung der politischen Arbeit der Partei noch lange nachwirken. Er zeigt, dass es nur eine kleine Gruppe innerhalb der Linken gibt, die sich wirklich frei gemacht haben von den Taten des Unrechtsregimes der DDR. Er zeigt, dass die Äußerungen von Hannelore Kraft (SPD) nach den gescheiterten Sondierungsgesprächen mit der Linken wohl korrekt waren. Nämlich, dass diese in den Gesprächen so problematische Positionen haben, die für Rot-Grün (und für die Union sowieso) nicht tragbar sind.

Wie unfähig die Linke wirklich ist, enthüllte ein Zufall vor laufenden Fernsehkameras. Als Gysi das Ergebnis der langen Sitzung seiner Wahlgruppe präsentierte, platzte ihm der Grüne-Europaabgeordnete Werner Schulz in die Parade. Während Gysi sprach, brüllte er leidenschaftlich, dass die Unterstützung von Gauck die Chance gewesen wäre, die Verbrechen der DDR anzuerkennen. Der Linken-Fraktionschef fiel aus der Rolle und brüllte zurück: "Das ist meine Pressekonferenz." Gregor Gysi bleibt die Galionsfigur des eigenartigen Umgangs der Linken mit der Staatssicherheit.

Wie stark hätten die Linken in der Bevölkerung an Sympathie gewinnen können, wenn sie den "Kandidaten der Herzen", wie Gauck genannt wurde, zumindest zum Teil unterstützt hätten. Es wäre ein deutliches Symbol gewesen: Ja, wir wertschätzen die Arbeit des Mannes, der sich wie kein anderer in Deutschland für die Verfolgung von Stasi-Verbrechen und die Aufklärung über Bespitzelung verdient gemacht hat - und der trotzdem das Zeug hat, das wiedervereinte Deutschland in dieser Frage nicht zu spalten, sondern zu einen. Mit Gauck als Bundespräsident hätte die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit ein besonderes Gewicht bekommen.

Am Ende eines langen Wahltages gratulierten einige Linke Bundespräsident Christian Wulff zu seiner Wahl, Fraktionschefin Gesine Lötzsch herzte gar die Kanzlerin - und die gescheiterte Kandidatin Luc Jochimsen mochte bei der Nationalhymne nicht mitsingen. Auch das sagt viel aus.

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