Interview: Katrin Göring-Eckardt "Die Linke muss die DDR als Unrechtsstaat anerkennen"

Die Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, hält die Linkspartei im Bund nicht für regierungsfähig, in Thüringen dagegen durchaus. Im Interview spricht die Grünen-Politikerin auch über mögliche Steueränderungen.

Wird in Ihrem Heimat-Bundesland Thüringen jetzt das Modell Rot-Rot-Grün für den Bund vorexerziert?

Göring-Eckardt Das ist eine Möglichkeit für Thüringen. Es ist keine Folie oder ein Vorbild für ein solches Bündnis im Bund. Ein wirklich großer Fortschritt in der Aufarbeitung ist es, dass die Linken dort die DDR nun als Unrechtsstaat anerkennen. Das würde ich mir auch von der Bundesebene wünschen.

Warum ist Thüringen dann kein Vorbild für den Bund?

Göring-Eckardt In Thüringen sind die Linken faktisch eine sozialdemokratische Partei. Und dort wird auch nicht über die Außenpolitik entschieden. Im Bund ist die Linkspartei von einer Regierungsfähigkeit noch weit entfernt.

Müssen Sie Ihre Steuerpolitik ändern?

Göring-Eckardt Gerechtigkeit ist für uns ein zentraler Wert, der auch über das Steuersystem geschaffen wird. Wir dürfen den Leuten nicht vermitteln, dass wir nur an ihr Geld wollen. Wir wollten vor der Bundestagswahl zu viel auf einmal. Wir haben die Gerechtigkeitsfrage bei jeder Steuerart gestellt und dann ein viel zu kompliziertes System vorgestellt.

Was wollen Sie jetzt anders machen?

Göring-Eckardt Es kann nicht sein, dass die kleinen Einkommen brav Steuern zahlen und sich die wirklich hohen Einkommen der Besteuerung entziehen. Die kleinen Einkommen, die ihr gesamtes Geld schon heute für den Konsum verbrauchen, müssen wir entlasten. Also: Natürlich braucht es eine Umverteilung. Schauen Sie sich doch nur mal den Zustand unserer Schulen und Straßen an. Wir werden auch weiter ein gerechteres Steuersystem fordern. Und wir werden darauf achten, dass wir mit der Belastung nicht bei der Mittelschicht anfangen, sondern bei den wirklich hohen Einkommen.

Sie haben gefordert, Bodentruppen in den Irak zu senden, und dafür Kritik aus ihrer Partei einstecken müssen. Bleiben Sie dabei?

Göring-Eckardt Die Lage in Syrien ist dramatisch. Es braucht dort einen Schutzkorridor, das wird nur militärisch möglich sein. Deshalb muss jetzt alles dafür getan werden, die Vereinten Nationen endlich zu aktivieren. Sich erst gar nicht um ein UN-Mandat zu bemühen, ist der falsche Weg. Für mich ist die Politik insbesondere der Bundeskanzlerin, die es dabei belassen will, Waffen zu liefern, viel zu kurzsichtig. Wenn wir dann gefragt werden, ob und welchen Beitrag wir auch militärisch leisten können, dann können wir doch nicht von vornherein sagen, dass gar nichts infrage kommt.

Rena Lehmann führte das Gespräch.

(RP)
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