Partei bleibt in Umfragen gleichauf Die Linke hat ein Protest-Problem

Berlin (RPO). Gregor Gysi spricht Tacheles: Dass die Linke in den Umfragen auf der Stelle trete, habe sie sich vor allem selbst zuzuschreiben. Der Unmut des Fraktionsvorsitzenden ist nachvollziehbar. Denn um die Partei, die gern über alles und jedes wettert, ist es in den vergangenen Wochen ruhig geworden. Die Protest-Position haben nun ganz andere übernommen.

2010: Linke-Parteitag in Rostock
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Kritik an Hartz IV, Kritik am Einsatz in Afghanistan - immer wieder hatte sich die Linke in der Vergangenheit diese Themen auf die Fahne geschrieben. Und es hat der Partei genützt. Den Zeitgeist treffend, konnte sie unzufriedene SPD-Wähler oder Politikverdrossene auf ihre Seite ziehen.

Im Osten der Republik ist die Partei schon längst fester Bestandteil der Regierungslandschaft geworden, im Westen will sie angreifen. Nur scheint ihr das momentan nicht ganz so recht zu gelingen. Dies zeigt sich nicht nur daran, dass sie es in NRW nicht geschafft hat, in eine rot-rot-grüne Koalition zu kommen, sondern auch daran, dass die Partei in den Umfragen, die jede Woche erstellt werden, stets konstante Werte aufweist.

In der vergangenen Woche etwa lag die Partei bei zehn Prozent, eine Woche zuvor waren es noch elf. Und was die Partei wohl noch mehr wurmen wird, ist das Hoch der Grünen und die Möglichkeit von Rot-Grün, allein zu regieren. Dabei scheint eine Dreier-Koalition derzeit die einzige Möglichkeit für die Linke zu sein, auch in den alten Bundesländern an die Macht zu kommen.

Integration und Stuttgart 21

Die Linke hat ein grundsätzliches Problem - und das ist ein Inhaltliches. Integration und Stuttgart 21, das sind die zwei Hauptthemen, die derzeit die Gemüter der Deutschen bewegen. Doch von der Linken, die so gern die Position der Protestler übernimmt, ist in diesen Tagen kaum etwas zu hören.

Im Fall Stuttgart kritisierte die Linksfraktion im Bundestag Aussagen der Polizei, die Proteste gegen Stuttgart 21 seien von den Demonstranten ausgegangen. Und bei der aktuellen Fragestunde im Bundestag fragt Gysi, wie die Regierung dem Hartz-IV-Empfänger erklären könne, dass er gerade mal fünf Euro mehr bekomme, während Millionen für Stuttgart 21 ausgegeben werden.

Doch die Protest-Rufe der Linken blieben weitgehend ungehört, denn die Grünen haben sich schon längst diese Position zu eigen gemacht. Sie zeigen vor Ort Präsens, holen das Thema auf Bundesebene und kritisieren harsch Landes- und Bundesregierung. Da bleibt die Linke auf der Strecke.

Nicht anders sieht es beim Thema Integration aus. Denn auch dort gibt es wieder die alte Konstellation SPD gegen CDU, die sich gegenseitig die Schuld für Probleme geben und nach Lösungen ringen. Auch hier kommen die Äußerungen der Linken kaum zu tragen. Selbst bei der geringen Hartz-IV-Erhöhung war mehr von den Sozialdemokraten zu vernehmen.

"Zu lange ausgeruht"

Und so erklärt auch Gysi in dem Interview mit der "Frankfurter Rundschau", seine Partei dürfe etwa Stuttgart 21 nicht den Grünen überlassen, die vor allem das Bürgertum vertreten würden. Man habe sich zu lange ausgeruht "auf der Basis, die wir hatten". Auch habe die Kontroverse um die Gehälter des Parteivorsitzenden Klaus Ernst der Linken geschadet.

Tatsächlich war dies einer der wenigen Momente, in denen die Linke wieder von sich reden machte. Wirklich geschadet hat der Partei dies nicht in den Umfragen, aber zulegen konnte sie trotz Protest-Potenzial in der Bevölkerung eben auch nicht.

Dass es für die Linke schwerer wird, sich zu positionieren, ist dabei ganz logisch. Denn sie sah sich als Alternative zur SPD - doch die ist nicht mehr an der Regierung. Und auch die Zeiten der Großen Koalition sind vorbei, in der man den altgedienten Parteien noch vorwerfen konnte, am Volk vorbeizuregieren.

Das alte Gefüge Schwarz-Gelb gegen Rot-Grün ist also wieder da - auch wenn es sich derzeit zugunsten der Grünen verschiebt. Und die Linke hat dabei das Nachsehen.

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