Spahn, Merz, Kramp-Karrenbauer Zu Merkel auf Distanz

Düsseldorf/Berlin · Die Spitzenkandidaten im Kampf um die Merkel-­Nachfolge gewinnen Profil. Dafür müssen sie auf Distanz zur Amtsinhaberin gehen. Allen Treueschwüren zum Trotz.

 Friedrich Merz, Annegret KramP-Karrenbauer und Jens Spahn.

Friedrich Merz, Annegret KramP-Karrenbauer und Jens Spahn.

Foto: dpa/Carsten Rehder

Im Rennen um die Nachfolge der CDU-Parteivorsitzenden Angela Merkel deutet sich Umfragen zufolge ein Zweikampf zwischen Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz an.

In einer Emnid-Erhebung im Auftrag der „Bild am Sonntag“ lag Merz unter den befragten Unions-Anhängern mit einer Zustimmung von 49 Prozent deutlich vor Kramp-Karrenbauer, die auf 32 Prozent kam. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn – der dritte prominente Bewerber um den CDU-Vorsitz – würden demnach nur sieben Prozent ihre Stimme geben.

In einer Umfrage des ARD-„Deutschlandtrends“ unter CDU-Anhängern hatten sich zuletzt 46 Prozent für Kramp-Karrenbauer, 31 Prozent für Merz und zwölf Prozent für Spahn ausgesprochen. Bezieht man bei der Emnid-Befragung die Anhänger aller Parteien mit ein, kommt Merz auf eine Zustimmung von 31 Prozent. Kramp-Karrenbauer (30 Prozent) liegt knapp hinter ihm, Spahn (zwölf Prozent) ist auch hier abgeschlagen.

Zwar bestimmen beim Bundesparteitag Anfang Dezember in Hamburg ausschließlich die 1001 parteiinternen Delegierten darüber, wer Angela Merkels Nachfolger an der Parteispitze wird. Dennoch werden auch die Delegierten darauf schielen, welcher der Kandidaten auch jenseits der eigenen Partei die größte Zustimmung hat. Denn schließlich soll der künftige Parteichef nach Lage der Dinge auch als Spitzenkandidat in den Bundestagswahlkampf ziehen.

Derweil forcieren die drei aussichtsreichsten Merkel-Nachfolge-Kandidaten, Kramp-Karrenbauer, Merz und Spahn, ihr jeweils eigenes Profil. Ausgerechnet Merz, den lange eine innige Feindschaft mit Merkel verband, überrascht in letzter Zeit mit betonten Loyalitäts-Adressen in Richtung Merkel. Erstmals in größerer Runde zur Überraschung der Anwesenden vor wenigen Tagen bei einer internen Sitzung des Vorstandes der NRW-CDU. Obschon Merz eindeutig dem konservativen Flügel der CDU zuzurechnen ist, betont er zudem bei jeder Gelegenheit, die CDU müsse sich künftig in der Mitte profilieren.

An öffentlichen Loyalitätsbekundungen von Kramp-Karrenbauer und Spahn mangelte es in der Vergangenheit ebenfalls nicht. Dennoch scherten diese beiden am Wochenende aus und gingen als erste – wenn auch behutsam und auf ein Thema beschränkt – zu Merkel auf Distanz. Anlass ist eine neue Migrationsdebatte innerhalb der CDU. Nach dem Willen von Spahn soll der Parteitag Anfang Dezember über den UN-Migrationspakt abstimmen, obwohl die Unionsfraktion den Pakt bereits abgesegnet hat.

Der von den UN-Mitgliedstaaten beschlossene Pakt soll helfen, Flucht und Migration besser zu organisieren, und bei einem Gipfeltreffen im Dezember in Marokko angenommen werden. In Deutschland kommt vor allem von der AfD laute Kritik. Kanzlerin Angela Merkel hatte den Pakt am Freitag verteidigt und betont, Sinn sei es, den Migrationsdruck zu vermindern.

Spahn schlug sich am Wochenende auf die Seite der Kritiker. „Weil wir uns der Diskussion nicht aktiv gestellt haben, ist der Eindruck entstanden, wir hätten da etwas zu verheimlichen oder dass der Pakt uns schade“, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Alle Fragen der Bürger gehören auf den Tisch und beantwortet, sonst holt uns das politisch schnell ein. Notfalls unterzeichnen wir eben später.“ Annegret Kramp-Karrenbauer lud die Merkel-Kritiker im Migrationsstreit zum Dialog ein. Sie wolle „im nächsten Jahr diese Fragen unter Einbeziehung der Fachpolitiker – auch der Kritiker – in der Partei erörtern, dabei aber vor allem Vorschläge für die Zukunft erarbeiten“, sagte sie bei NTV, „denn wir müssen die Frage beantworten, was wir tun müssen“. Damit stellte auch sie Merkels Position zumindest infrage.

Die Vizevorsitzende der CDU, Julia Klöckner, betonte unterdessen, dass die CDU auch unter einer neuen Vorsitzenden oder eines Vorsitzenden eine Volkspartei der Mitte bleiben müsse. „Der- oder diejenige muss dafür sorgen, dass die CDU nicht nach rechts oder nach links rückt, sondern sich die CDU als Volkspartei wieder breiter aufstellt“, sagte Klöckner, die zudem Bundeslandwirtschaftsministerin ist, unserer Redaktion. Alle Flügel der Partei müsse man einbinden.

Auf die Frage, ob Kandidat Friedrich Merz trotz eines Millionen-Einkommens für die Mitte der Gesellschaft stehen könne, entgegnete Klöckner: „Schubladendenken ist das. Hätte er umgekehrt eine Insolvenz hingelegt, hieße es, so jemandem kann man nicht zutrauen, erfolgreich Vorschläge für die Gesellschaftsgestaltung zu machen“, so die CDU-Vizechefin.

Mit Blick auf die Unterstützung der Frauenunion für Annegret Kramp-Karrenbauer sagte Klöckner, Annegret Kramp-Karrenbauer habe als erfolgreiche Ministerpräsidentin die Zustimmung sowohl von Frauen als auch von Männern erkämpft. „Kandidaten aufs Geschlecht zu reduzieren, halte ich für unterkomplex“, sagte Klöckner.

(mit dpa)

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