Nach Rücktritt von Generalsekretär Lindner Die FDP-Krise ist auch eine Koalitionskrise

Berlin · Die Union gibt sich betont gelassen nach dem Rücktritt des FDP-Generalsekretärs Christian Lindner. Auf die Koalition habe das keinen Einfluss, heißt es. Doch angesichts eines wackelnden Parteivorsitzender, extrem niedriger Umfragewerte und der Aussicht auf den Verlust eines künftigen Koalitionspartner dürfte mancher in Berlin doch das Zittern bekommen. Eine Analyse.

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Foto: AP

Die Opposition nutzte den Rücktritt des Generals natürlich für sich aus. Es rieche nach Neuwahlen, sagte etwa SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. Und die Grünen sprachen von einer "schwindsüchtigen" Partei.

Offiziell ließ sich die Union aber nicht beunruhigen. Kanzlerin Angela Merkel sagte, die Zusammenarbeit werde auch mit einem neuen Generalsekretär erfolgreich sein. Und CSU-Generalsekretär Alexander Dobrinth legte am Morgen nach und betonte im ZDF, dass die FDP "selbstverständlich" ein "verlässlicher Partner" sei.

Es sind Worte der Beruhigung angesichts der turbulenten Lage bei der FDP. Denn seit Lindners Abgang wird spekuliert, ob und wie lange sich Parteichef Philipp Rösler überhaupt noch halten kann. Sollte er gehen, stünden die Liberalen vor einem neuerlichen Scherbenhaufen und vor enormen Auflösungserscheinungen.

Die Euro-Krise und der FDP-Entscheid

Und genau das ist ein Problem für die CDU, mag sie sich im Moment auch gelassen wie eh und je geben, wenn der kleine Koalitionspartner ins Trudeln gerät. Denn Merkel und ihre Minister brauchen in diesen Tagen angesichts der turbulenten Lage hinsichtlich der Euro-Krise einen stabilen Partner, auf den sie sich verlassen können.

Von der FDP aber war in dieser Hinsicht in den vergangenen Wochen ohnehin kaum etwas zu vernehmen. Schäuble und Merkel, das sind die zwei Namen, die mit den Rettungspaketen in Verbindung gebracht werden. Wirtschaftsminister Rösler ist da mehr oder weniger außen vor. Und er braucht im Moment wohl auch all seine Kraft, um die eigenen Reihen wieder hinter sich zu versammeln. Inhalte kommen und kamen da schnell zu kurz.

So kann Merkel zwar ihren Weg verfolgen, doch gerade der FDP-Mitgliederentscheid hat gezeigt, dass eben nicht der gesamte Koalitionspartner hinter den Entscheidungen der Kanzlerin steht, die sich ohnehin vom Parlament hatte vorwerfen lassen müssen, dass sie die Abgeordneten zu wenig an den Entscheidungen zur Euro-Rettung teilhaben lassen würde.

Seit Monaten unter fünf Prozent

Doch es ist nicht nur die jetzt gefragte Stabilität angesichts der Merkelschen Führungsrolle in Europa, die manchem CDU-Politiker auf den Magen schlagen könnte. Sondern auch der Blick in die Zukunft. Denn das alte Parteiensystem ist schon längst durcheinandergewirbelt worden. Da erlebten die Grünen einen enormen Höhenflug, da sind plötzlich die Piraten in den Umfragen über der Fünf-Prozent-Hürde.

Die FDP dagegen dümpelt seit Monaten unter der für den Wiedereinzug ins Parlament so wichtigen Hürde. Und sollte auch noch Rösler gehen, ist nicht absehbar, dass sich die Partei schnell von diesem Tief wieder erholt - wie es auch jetzt, trotz neuem General, fraglich ist. Damit ginge der Union aber der seit Jahrzehnten verlässliche Koalitionspartner verloren. Und die Annäherung an die Grünen ist bislang nicht gelungen.

Bliebe also die Große Koalition. Doch da haben sowohl die Sozialdemokraten als auch die Union nicht die besten Erfahrungen. Und die Sozialdemokraten werden sich wohl kaum als Steigbüghalter für die Regierungspartei hergeben. Denn schließlich hätten sie bei einem Niedergang der FDP die Chance, an die Macht zu kommen. Zwar reicht es im Moment nicht zu einer Koalition allein mit den Grünen, womöglich aber könnten dann sogar die Piraten das Zünglein an der Waage werden - oder die Linken.

(das)
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