Digitalpakt kommt nicht voran Die digitale Schule lässt auf sich warten

Berlin · Bund und Länder kommen mit der Umsetzung ihres Digitalpakts nicht voran. Für wann die Schulen mit dem ersten Geld rechnen können, ist offen. Der Deutsche Lehrerverband dringt auf höheres Tempo.

 Beim Thema Digitales lernen und arbeiten tun sich zahlreiche Schulen immer noch schwer.

Beim Thema Digitales lernen und arbeiten tun sich zahlreiche Schulen immer noch schwer.

Foto: dpa/Carmen Jaspersen

Die Digitalisierung der Schulen in Deutschland ist ins Stocken geraten. "An vielen Schulen werden Digitalisierungsmaßnahmen gerade zurückgestellt, weil die Einrichtungen alle auf Geld vom Bund warten", sagte Heinz-Peter Meidinger, der Vorsitzende des Deutschen Lehrerverbands, unserer Redaktion. Die Digitalisierungsoffensive der Bundesregierung habe Stillstand zur Folge, statt eine Beschleunigung zu bringen, beklagte Meidinger.

Den Digitalpakt Schule hatte bereits Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) in der vergangenen Wahlperiode auf den Weg gebracht. Nun soll ihre Nachfolgerin Anja Karliczek (CDU) die Pläne umsetzen. Ziel ist es unter anderem, die deutschen Schulen in dieser Wahlperiode an schnelles Internet anzuschließen und Lerninhalte in einer Cloud, also auf einem externen Rechner, zur Verfügung zu stellen.

„Es steht in den Sternen“

Die Einigung von Bund und Ländern auf Details ist - wie so oft in der Bildungspolitik - mühsam. Die zuständige Runde der Staatssekretäre hat seit einem Jahr nicht mehr getagt. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag hervor. "Ob Schulen noch in dieser Wahlperiode mit dem ersten Geld rechnen können, steht in den Sternen", kritisierte die bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Margit Stumpp.

Der schwarz-rote Koalitionsvertrag sieht vor, dass der Bund den Ländern das notwendige Geld für eine digitale Infrastruktur der Schulen zur Verfügung stellt. Dafür ist eine Grundgesetzänderung notwendig, die das sogenannte Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in der Bildungspolitik lockert. Aus der Antwort der Bundesregierung geht hervor, dass mit Inkrafttreten der Grundgesetzänderung die inhaltliche Planung für den Digitalpakt abgeschlossen werden soll. "Niemand weiß, wie die Zweidrittelmehrheit sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat erreicht werden soll", sagte Stumpp.

„Keine Zeit mehr verlieren“

Auch der Koalitionspartner SPD zeigt sich inzwischen ungeduldig mit dem CDU-geführten Bildungsministerium. "Die Bildungsministerin ist nun gefordert, endlich die Theorie in die Praxis umzusetzen", sagte Oliver Kaczmarek, bildungspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) stelle für den Digitalfonds 2,4 Milliarden Euro bereit. Das sei eine gute Nachricht - denn damit seien die Voraussetzungen gegeben, dass der Digitalpakt nicht weiter am Geld scheitere. Die Umsetzung sei allerdings nur zusammen mit den Ländern möglich.

Aus Sicht der Lehrer darf keine Zeit mehr verloren werden. "Die Schulen brauchen dringend die Infrastruktur für die Digitalisierung", betonte Meidinger. "Viele Schulen haben noch kein W-Lan. Dort, wo es vorhanden ist, läuft es oft viel zu langsam", kritisierte der Lehrerverbandschef. "Wenn 40 oder 50 Schüler im W-Lan sind, dann ist wegen der langsamen Datenübertragung kein Unterricht mehr möglich." Meidinger forderte Bund und Länder auf, nicht mehr länger mit dem Finger aufeinander zu zeigen.

"Bring your own device"

Die NRW-Landesregierung will ihre Digitalstrategie für die Schulen zu Beginn des Schuljahrs 2018/19 vorstellen. "Es ist höchste Zeit, dass in Nordrhein-Westfalen die digitale Veränderung in den Schulen zukunftsorientiert gestaltet wird", sagte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). Die nötigen Mittel für den digitalen Ausbau in NRW stünden bereit, hieß es im Ministerium. Bisher sind allerdings nur 13 Prozent der Schulen im Land überhaupt an ein Glasfasernetz angeschlossen. "Leider musste ich nach meiner ersten Bestandsaufnahme feststellen, dass die Ausgangslage sehr bescheiden ist", sagte die Ministerin kürzlich.

Das gilt auch für die Ausstattung mit Smartphones und Tablets. Gebauer hatte aufgrund des Mangels als Übergangslösung vorgeschlagen, dass Schüler im Unterricht ihre privaten Geräte nutzen. Im Prinzip "Bring your own device" ("Bring dein Gerät mit") stecke Potenzial. "Grundsätzlich müssen aber wir als Staat die Schulen mit geeigneten Geräten ausstatten", hatte die FDP-Politikerin hinzugefügt. Der Vorschlag hatte ihr Kritik der Opposition eingebracht: So würden soziale Unterschiede verfestigt.

(kib, jd, qua)
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