Seehofer greift auch in Berlin an Die CSU auf der Suche nach der Macht

Berlin (RPO). Die CSU präsentiert sich in diesen Tagen rundum neu. Parteichef und Ministerpräsident Horst Seehofer will die Partei mit frischen Gesichtern zu alter Stärke zurückführen. In Bayern hat er ein radikal verjüngtes Kabinett zusammengestellt. Jetzt wandern die Blicke nach Berlin. Dort wird es für die CSU schwieriger werden mit der Modernisierung.

Seehofers neue Mannschaft im Überblick
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Draußen vor dem Saal der Bundespressekonferenz tuckerte das Ausflugsschiff "Victoria" über die Spree. Bemalt mit Sprüchen, die den CSU-Oberen drinnen im Saal gut gefallen hätten. "Und niemals vergessen: Eisern Union" steht auf der Backbordseite; und auch wenn das Motto dem 1.FC Union Berlin gewidmet ist, passt es doch auf den neuen Kurs, den der frisch gewählte CSU-Vorsitzende Horst Seehofer und sein Team verfolgen wollen. Stark soll die CSU wieder werden, vor allem in der "Unionsfamilie" mit der CDU.

Früher, als viele der neuen CSU-Führungskräfte noch in den Windeln lagen, da war es so. Da war die CSU stark, eine eigene Kraft mit einer Stimme im Bund, auf die gehört wurde. Den Sonderstatus, den die kleine Schwesterpartei in der Unionsfraktion heute genießt, hat sie ihrem Patriarchen Franz Josef Strauß zu verdanken, und so war die Frage an Horst Seehofer gar nicht mal verkehrt, ob er sich als Ziehsohn des großen Strauß fühle.

Seehofer wiegelte ab, Ziehsohn, das sei unangemessen, Strauß sei ein großes Vorbild, sagte er und offenbarte das Dilemma, in dem sich die CSU derzeit befindet. Sie will modern werden, ohne die Alten zu verprellen, dabei Traditionen bewahren, ohne auf junge Wähler abschreckend altbacken zu wirken.

Nach dem Desaster bei der bayerischen Landtagswahl wurde in einem ersten Schritt die Führungsspitze verjüngt. Seehofer bildete eine Regierung, in der er mit 59 Jahren das älteste Mitglied ist. "Ein Neuanfang drückt sich nicht nur in Inhalten aus, sondern auch in Gesichtern", bekräftigte er vor den zahlreich versammelten Journalisten der Hauptstadtpresse.

Wichtige Aufgabe für zu Guttenberg

In Berlin wird es für die CSU schwieriger werden mit der Modernisierung. Nach dem Abgang von Seehofer als Minister muss sie sich in der Hauptstadt neu aufstellen. Die Erwartungen lasten da vor allem auf Bundeswirtschaftsminister Michael Glos und der Landesgruppe mit ihrem Vorsitzenden Peter Ramsauer. Über ersteren wird ständig spekuliert, er werde das Ende der Legislaturperiode als Minister nicht überdauern - was allerdings ebenso regelmäßig dementiert wird.

Ramsauers Position gilt als gefestigt, allerdings wurde er auf dem Sonderparteitag der CSU vergangenen Samstag in München von den Delegierten angezählt. Rund ein Drittel verweigerten ihm bei der Wahl zum stellvertretenden Parteichef die Stimme. Ramsauer wurde stellvertretend für die Landesgruppe dafür abgewatscht, dass sie sich, so sehen es jedenfalls die Mitglieder in Bayern, nicht ausreichend für die Wiedereinführung der Pendlerpauschale eingesetzt hat.

Die Pendlerpauschale wird dann auch zum ersten Gradmesser dafür werden, wieweit sich die CSU in der Union wirklich gegen die CDU behaupten kann. Noch im bayerischen Landtagswahlkampf hatte die CDU-Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel der Schwesterpartei bei diesem für sie so wichtigen Thema die Gefolgschaft versagt. Am Freitag bekräftige Seehofer, dass seine Partei bei dem Thema nicht lockerlassen und es bei jeder Gelegenheit immer wieder ansprechen werde.

Eine zentrale Rolle in der Positionsbestimmung wird dem designierten CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg zukommen. Er ist als Bundestagsabgeordneter Mitglied der Landesgruppe, kennt also die Verhältnisse in Berlin, und wird durch seine Arbeit als Generalsekretär zum wichtigen Bindeglied zwischen München und der Hauptstadt.

Zwar müsse er die "Graswurzelarbeit vor Ort machen", sagte Guttenberg und meinte damit seine Arbeit als Parteigeneral. Er wolle aber auch "die Arbeit der Landesgruppe flankieren", sich immer wieder zu Wort melden. Das wurde zwar freundlich ausgesprochen, konnte durchaus aber auch als Drohung in Richtung CSU in Berlin verstanden werden. Guttenberg gilt als Vertrauter Seehofers, der CSU-Chef kann sich eines zuverlässigen Informanten in Berlin sicher sein.

Die nächsten Wochen müssen zeigen, ob sich die CSU tatsächlich bundespolitischen Aufgaben konzentriert zuwenden kann, oder sich nicht doch wieder im Kleinklein verliert, wie es zuletzt den glücklosen Parteichefs Erwin Huber und dessen Vorgänger Edmund Stoiber angelastet wurde.

Trost kann dabei der Spruch auf der Steuerbordseite der "Victoria" spenden: "Union wird niemals untergehen".

(ap)
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