Deutsche Soldaten bald auch in Mali? Die Bundeswehr als Weltpolizei

Das afrikanische Mali soll Ziel des nächsten Einsatzes der Bundeswehr werden. Deutsche Soldaten sind zurzeit nicht nur in Afghanistan aktiv: Die aktuelle Liste umfasst neun Missionen. Die Rolle der Bundeswehr wird in Deutschland kontrovers diskutiert. Ist die Bundeswehr eine Weltpolizei?

Chronik 2011: 52 deutsche Soldaten starben in Afghanistan
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Foto: AP

Oberst Jürgen Bergmann, der in Düsseldorf das Landeskommando Nordrhein-Westfalen führt, ist gerade von einer Beobachtermission aus dem Südsudan zurückgekehrt — der 58-Jährige ist einer von rund 6400 deutschen Soldaten, die, teils unbemerkt von der Öffentlichkeit, weltweit gleichzeitig für die Bundesrepublik im Ausland unterwegs sind.

Erster Gefangener in Kambodscha

Seit 1992 beteiligt sich die Bundeswehr an Auslandseinsätzen. Feldwebel Alexander Arndt (26) war in Kambodscha am 14. Oktober 1993 der erste von bis heute 100 Gefallenen der Bundeswehr. Gefährlichster Kriegsschauplatz ist Afghanistan. Hier fielen allein 52 Bundeswehr-Angehörige, viele Hundert wurden verwundet.

Afghanistan wurde auch mit Abstand zum teuersten Einsatz: Er kostete 2011 knapp 1,3 Milliarden Euro. Es folgen die Missionen im Kosovo (68 Millionen), die vor Somalias Küste (62 Millionen) und die vor dem Libanon (25 Millionen).

Kontroverse Debatte in Deutschland

Die Wirkung des Afghanistan-Einsatzes wird in Deutschland kontrovers bewertet. Der Sprecher der internationalen Schutztruppe Isaf in Kabul, der deutsche Brigadegeneral Günter Katz, geht davon aus, dass die Truppe Ende 2014 "Mission erfüllt" melden kann. Andere Beobachter sehen das Land nach Abzug der Kampftruppen im Bürgerkrieg versinken.

Unabhängig vom Auftragsziel ist der Einsatz der Bundeswehr aber vorrangig ein politisches Signal. Deutschland will seinen Verpflichtungen als verlässlicher Bündnispartner der Alliierten nachkommen. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint auch die deutsche Beteiligung an der UN-Mission Unifil im östlichen Mittelmeer sinnvoll, die Waffenschmuggel in den Libanon verhindern soll. Militärisch wirkt sie dagegen fragwürdig, dürfen deutsche Kriegsschiffe doch selbst verdächtige Frachter nicht stoppen, sondern müssen sie den libanesischen Behörden melden. So gibt es seit Jahren keinen einzigen Waffenfund.

Poltisch motiviert

Politisch motiviert erscheint auch das beabsichtigte deutsche Engagement im afrikanischen Mali, das von islamischen Milizen terrorisiert wird. Die deutsche Weigerung, in Libyen die Freiheitskämpfer gegen Diktator Gaddafi militärisch zu unterstützen, hatte die Alliierten massiv verärgert. So kann ein Bundeswehreinsatz in Mali auch als eine Art Wiedergutmachungsversuch interpretiert werden.

Schon jetzt sieht sich die Bundeswehr bei Auslandseinsätzen an der "personellen Schmerzgrenze" angekommen. Denn hinter jedem Einsatzkontingent steht nicht nur eine Führungs- und Versorgungskette, sondern unter anderem auch ein Kontingent, das gerade abgelöst worden ist, und ein weiteres, das auf die Mission vorbereitet wird.

Zahlreiche internationale Verpflichtungen

Dazu kommen zahlreiche internationale Verpflichtungen wie der Schutz des Luftraums von Estland, Lettland und Litauen, den die deutsche Luftwaffe im Wechsel mit Jagdflugzeugen anderer Nato-Staaten übernimmt — zuletzt von Januar bis April. Zudem stehen im Inland schnelle Bundeswehr-Einsatzkräfte für die Nato, für die Verstärkung der Schutztruppe im Kosovo und für die Evakuierung deutscher Staatsbürger aus Gefahrenlagen im Ausland in Alarmbereitschaft.

(RP/csi/das)
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