Terrorismus-Gefahr Die Bombe war in Köln

Berlin/Dresden (RPO). Der Fund der Paketbomben in Frachtpost für die USA hat Sicherheitslücken im deutschen Flugverkehr offengelegt. Am Sonntag bestätigte Bundesinnenminister Thomas de Maizière: Eines der Sprengstoffpakete aus dem Jemen wurde in Köln umgeladen. Die Schwachstelle liegt im Frachtverkehr. Opposition und Polizei zeigten sich besorgt.

Oktober 2010: Terroralarm an Flughäfen in USA und Großbritannien
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Eine Reise nach Israel sagte der CDU-Politiker am Sonntag wegen der vereitelten Terroranschläge ab. "Der Sicherheitschef muss an Deck bleiben", sagte dazu ein Sprecher des Innenministeriums in Berlin. Die Regierung ließ alle Frachtlieferung aus dem Jemen nach Deutschland stoppen.

"Wir nehmen den Vorgang ernst, auch wenn Deutschland wohl nicht Anschlagsziel war", sagte de Maizière in Dresden. Deutsche Behörden seien in der Nacht zu Freitag von einem "befreundeten Geheimdienst" auf das Luftfrachtpäckchen mit dem Sprengstoff aus dem Jemen hingewiesen worden.

Obwohl das Bundeskriminalamt laut de Mazière die in Köln umgeladene Sendung aufspürte, konnte sie nicht mehr gestoppt werden. Das Paket hatte den Angaben zufolge bereits eine halbe Stunde zuvor Deutschland in Richtung Großbritannien verlassen. "Dass der Umschlagsort Deutschland war, kann uns nicht ruhig stellen", sagte de Maizière. Er selbst werde sich an einem der Frachtflughäfen über die Abläufe informieren. Mögliche Schwachstellen würden ermittelt.

Fahndung nach Schwachstellen

Im MDR räumte der Minister Sicherheitsprobleme ein. Frachtflüge seien bislang vergleichsweise wenig kontrolliert worden seien. Das sei offenbar jetzt erkannt und ausgenutzt worden. Die Schwachstellen würden jetzt analysiert und beseitigt.

Die am Freitag in London und Dubai sichergestellten Paketbomben waren aus dem Jemen versandt worden und an Synagogen im Großraum Chicago adressiert. Die Pakete enthielten ersten Analysen zufolge den Industriesprengstoff PETN, der auch Weihnachten 2009 bei einem vereitelten Anschlag auf ein US-Passagierflugzeug verwendet worden war. In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa wurden zwei Dutzend weitere verdächtige Pakete entdeckt. Die jemenitischen Sicherheitsbehörden nahmen eine Frau fest.

De Maizière bekräftigte, dass es seit einigen Wochen Hinweise auf Terrorgefahren gebe. Diese habe die Bundesregierung sehr ernst genommen. Doch gebe es keine konkreten Hinweise auf ein konkretes Ziel in Deutschland. Die "Bild"-Zeitung (Montagausgabe) berichtete, der deutsche Innenstaatssekretär Klaus-Dieter Fritsche habe sich vor dem Hintergrund der Terrorwarnungen vergangene Woche in den USA aufgehalten. US-Stellen hätten um persönliche Kontaktaufnahme mit einem hohen deutschen Sicherheitsexperten gebeten. Hintergrund waren dem Blatt zufolge Erkenntnisse von US-Geheimdiensten über angebliche Anschlagsplanungen von Al-Kaida in Deutschland.

Keine Auswirkungen in Köln

Zuständig für den Luftfrachtverkehr ist Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Er erklärte dazu: "Wir lassen keinerlei Luftpostpakte und Fracht aus dem Jemen mehr nach Deutschland. Das Luftfahrtbundesamt wird die Fluggesellschaften, Expressdienstleister und andere Transportunternehmen entsprechend anweisen." Dies gilt insbesondere für Transit- und Transferfracht sowie für Fracht, die auf dem Straßen- oder Schienenverkehr weitertransportiert wird.

Schon vor de Maizière hatte die britischen Polizei erklärt, das Paket sei auf dem Flughafen Köln-Bonn umgeladen worden. In Köln wollte sich ein Sprecher des Flughafens auf Anfrage der Nachrichtenagentur dapd dazu nicht äußern.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Olaf Scholz sagte, die aufgedeckten Anschlagsversuche seien Anlass zu großer Sorge. "Es muss jetzt darüber nachgedacht werden, wie solche Anschläge auch durch systematische Kontrollen rechtzeitig erkannt werden können", sagte er.

Die Gewerkschaft der Polizei warnte vor Sicherheitslücken. "In der Politik wird viel geredet", sagte Gewerkschaftschef Konrad Freiberg dem "Hamburger Abendblatt" (Montagausgabe). "Das Handeln sieht anders aus." Bei der zuständigen Bundespolizei sei bis 2014 der Wegfall von insgesamt 1000 Stellen geplant. Der Fund der Bomben mache deutlich, in welcher Terrorgefahr Deutschland lebe.

(AP/AFP)
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