Merkels erster Arbeitstag nach dem Sommerurlaub Die Baustellen der Bundeskanzlerin

Düsseldorf · Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist am Montag nach dem Sommerurlaub an ihren Schreibtisch zurückkehrt. In ihrer Abwesenheit hat sich ein Berg von Arbeit aufgetürmt. Euro-Krise, schwächelnde FDP oder Streit in der Koalition: Die Liste der Probleme und Aufgaben ist lang. Ein Überblick.

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Merkel habe ihren Urlaub genossen, verkündete Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. "Der Bundeskanzlerin geht es sicherlich wie jedem Urlaubsheimkehrer: Man hat sehr den etwas anderen Rhythmus in den Ferien genossen. Und trotzdem kommt man mit viel Vorfreude auf die Arbeit zurück." Und auf Merkel wartet viel Arbeit, wie ein Blick auf ihre To-do-Liste zeigt.

Problem Euro-Krise Die europäische Schuldenkrise ist weiterhin das beherrschende Thema. Ausgerechnet die bayerische Schwesterpartei hat in Merkels Abwesenheit mächtig Öl ins Feuer gegossen. Ins Visier der CSU-Führungsriege ist wieder einmal Griechenland gerückt. Insbesondere CSU-Chef Horst Seehofer, Generalsekretär Alexander Dobrindt und Markus Söder traten in Erscheinung.

Dobrindt drückte den Südeuropäern den Stempel der faulen "Dolce-Vita-Länder" auf, und von Seehofer waren Sätze zu hören wie: "Wir leisten Hilfe zur Selbsthilfe, aber nicht Beihilfe zur Konkursverschleppung." Söder forderte gar, an Athen müsse "ein Exempel statuiert werden, dass diese Eurozone auch Zähne zeigen kann".

Merkel hat insbesondere den 12. September im Blick. Dann entscheiden die Karlsruher Richter über Klagen, ob zwei zentrale Instrumente des Euro-Krisenmanagements hierzulande umgesetzt werden können: der dauerhafte Rettungsschirm ESM und der Fiskalpakt, für den Merkel mit aller Macht gekämpft hat, um mehr Haushaltsdisziplin bei allen Euro-Partnern durchzusetzen.

Problem Koalitionsstreit Die Liste der Streitpunkte in der schwarz-gelben Koalition ist lang und weitere Auseinandersetzungen vorprogrammiert. Bei der Energiewende kommt der Netzausbau zu langsam voran, zudem bleiben bisher Investitionen in Gaskraftwerke aus. Jedes Bundesland lässt Solar- und Windparks installieren, es fehlt ein übergeordneter Plan. Mit Sorge blickt die Regierung auf den 15. Oktober, wenn die Höhe der Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien für das Bundestagswahljahr 2013 bekanntgegeben wird. Es drohen deutlich höhere Belastungen für die Bürger.

Das Hickhack um das Betreuungsgeld — die staatliche Zahlung fürs Zuhause-Erziehen kleiner Kinder - zieht sich hin. Anders als geplant, konnte das vor allem von der CSU forcierte Betreuungsgeld nicht schon vor der Sommerpause über die parlamentarische Bühne gebracht werden.

Bei der von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) geplanten Rentenreform gegen Altersarmut legt sich die FDP beim Herzstück - der Zuschussrente - aus grundsätzlichen Erwägungen quer. Nach einem Vorstoß von 13 CDU- Abgeordneten diskutiert die Koalition, ob auch Homosexuelle in eingetragenen Lebenspartnerschaften vom Ehegatten-Splitting bei der Einkommenssteuer profitieren sollten. Die FDP ist dafür, die CSU hat Bedenken signalisiert.

Problem Opposition Wenn es im Bundestag wirklich drauf ankam und die Abgeordneten über Milliardenschwere Griechenland-Hilfen entscheiden sollten, konnte sich Merkel der Unterstützung der Opposition sicher sein. Gut möglich, dass der Kanzlerin in diesem Punkt in Zukunft mehr Gegenwind droht. Darauf deuten Aussagen wie die von Peer Steinbrück hin, die er in der "Süddeutschen Zeitung" tätigte.

Der mögliche SPD-Kanzlerkandidat ging die griechische Regierung scharf an. "Vielleicht kann man den Griechen in einzelnen Punkten mehr Zeit einräumen." Wenn allerdings Reformzusagen permanent gebrochen würden, "zweifelt man, ob unsere Solidarität nicht vergeudet ist".

Problem FDP Die Liberalen kämpfen weiterhin ums politische Überleben. Einer Umfrage der "Bild am Sonntag" zufolge fiel die Partei von Philipp Rösler wieder unter die Fünf-Prozent-Hürde. Merkel aber braucht einen starke liberale Kraft an ihrer Seite, um im kommenden Bundestagswahlkampf zu bestehen und im Falle eines Wahlsiegs eine stabile Regierung zu bilden.

Problem Schwesterpartei Die CSU hat offenbar Merkels Abwesenheit genutzt, um populistische Töne anzuschlagen. Nicht nur im Hinblick auf einen möglichen Austritts Griechenlands tat sich die CSU hervor. CSU-Chef Seehofer drohte gar mit einem Bruch der Koalition, wie er dem "Stern" erzählte.

"Irgendwann ist ein Punkt erreicht, wo die bayerische Staatsregierung und auch die CSU nicht mehr ja sagen können. Ich könnte das dann auch ganz persönlich nicht mittragen." Auch die Landtagswahl im kommenden Jahr macht die Christsozialen nervös. Die Liste der Probleme ist lang, auf Kanzlerin Merkel wartet viel Arbeit.

(nbe)
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