Entwurf des Grundsatzprogramms Die AfD will zurück in die 80er

Berlin · Im Entwurf des Grundsatzprogramms der AfD wimmelt es von Forderungen, Reformen der vergangenen Jahrzehnte zurückzudrehen. Es ist ein Mix aus Stammtisch, Neoliberalismus, Sozialpolitik und etwas Donald Trump.

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Die bekanntesten Politiker der AfD seit 2013

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Foto: dpa/Kay Nietfeld

Um es gleich vorweg zu sagen: Die AfD will die Mauer nicht wieder aufbauen. Ansonsten aber liest sich der Entwurf für das Grundsatzprogramm der Partei in weiten Passagen wie der Versuch, das Deutschland der 80er Jahre zurückzuholen: ein Land ohne Euro mit der alten Gesellschafts-, Innen- und Umweltpolitik der Kohl-Ära. Dieses Programm will aufräumen mit den Hinterlassenschaften der rot-grünen Bundesregierung und den vielen Modernisierungsschüben, die Kanzlerin Merkel dem Land verordnet hat.

"Keine Grundlage in den Verträgen"

Der Reihe nach: Entstanden ist die AfD aus dem Protest eines Teils des bürgerlichen Lagers gegen die Euro-Rettungspolitik der Bundesregierung. Diese Wurzeln finden sich auch im Grundsatzprogramm, das Ende April beim AfD-Parteitag in Stuttgart verabschiedet werden soll. So spricht sich die AfD für einen Austritt aus dem Euro aus und will darüber das Volk abstimmen lassen. Über die EU fällt das Urteil nur bis Anfang der 90er Jahre positiv aus. So heißt es in dem Papier: "Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft hat im westlichen Europa über Jahrzehnte (1957 bis 1992) zu Frieden und Prosperität beigetragen. Doch die Europäische Union hat sich im Lauf der Jahre Kompetenzen angeeignet, für die es in den europäischen Verträgen keine Grundlage gibt." Die Idee, Europa auf seine Funktion als Wirtschaftsgemeinschaft zurückzuführen, zieht sich wie ein roter Faden durch die Kapitel zur EU.

Mit der Spaltung der AfD und Frauke Petry als neuer Parteichefin wandelte sich die einstige Euro-Partei zu einer Bewegung der Rechtspopulisten. Das Wesen von Populisten besteht darin, dass sie wie ein Chamäleon die Farben wechseln können. So finden sich neben den vielen Wünschen nach Retro-Politik auch interessante Politik-Ansätze wie beispielsweise die Frage, ob die Justiz nicht unabhängiger sein muss von Parteipolitik. Daneben wiederum schüren die Autoren Ängste vor Überfremdung und Globalisierung, wenn sie beispielsweise fordern, die Goldvorräte heimzuholen, und ihre Position für einen Mindestlohn mit dem "zu erwartenden Lohndruck" durch "Massenmigration" begründen.

Hinzu kommt ein Schuss Stammtisch mit den Forderungen, eine Obergrenze für Steuern und Abgaben einzuführen und die Rundfunkgebühren abzuschaffen. Mal wird neoliberal geblinkt: Arbeitslosenversicherung abschaffen. Mal sozialpolitisch: Rahmenbedingungen derart gestalten, "dass sich erwachsene Kinder bewusst für die Pflege der Eltern entscheiden können".

Gespickt ist das Grundsatzprogramm zudem mit vielen Vorwürfen gegen die etablierten Parteien, die aus AfD-Sicht alle in einem Topf landen. Wobei die Urteile zu dem, was andere Parteien angeblich propagieren, stets pauschal und teils schlicht falsch sind.

Dominant in dem Programm aber ist tatsächlich die Sehnsucht nach einem Deutschland, wie wir es aus den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts kannten, als noch mit D-Mark bezahlt wurde und die Muslime nicht Teil der Gesellschaft waren. "Der Islam gehört nicht zu Deutschland", heißt es an einer Stelle in dem Programmentwurf. Die AfD wünscht sich ein Deutschland ohne Minarette, die sie als "islamische Herrschaftssymbole" ablehnt.

Rolle rückwärts

In der Gesellschafts-, der Innen- und der Umweltpolitik plädiert die AfD für eine Rolle rückwärts. Die Rechtspopulisten wollen die Laufzeit der Atomkraftwerke wieder verlängern und die Gesetze zur Energiewende abschaffen. Dahinter steht die Theorie, dass nicht der hohe CO2-Ausstoß für den Klimawandel verantwortlich sei. Dies ist eine von Minderheiten vertretene These, die es schon genauso lange gibt wie die Proteste gegen Atomkraftwerke.

Die Wehrpflicht soll nach den Vorstellungen der AfD wieder eingeführt werden und eine gleich lange dauernde "Dienstpflicht" für Frauen obendrein. Während die Männer auf den Dienst an der Waffe verpflichtet werden sollen, sollen die Frauen die Wahl haben, ob sie zur Bundeswehr gehen oder einen alternativen Dienst wählen. Überhaupt ist das Frauenbild im Grundsatzprogramm der AfD ein wenig diffus. Quoten lehnen die Politneulinge generell ab. Grundsätzlich wünschen sie sich wieder mehr traditionelle Rollenteilung in den Familien und wollen das Lebensmodell Hausfrau aufwerten. Zugleich zeigen sie sich skeptisch gegenüber Krippenbetreuung.

Interessant ist, dass die AfD, die sich bislang in den Landesparlamenten als reine Oppositionspartei sieht, in ihrem Grundsatzprogramm einen Regierungsanspruch erhebt. Als Grundbedingung für eine Regierungsbeteiligung nennt sie die Einführung von Volksentscheiden. In diesem Punkt sehen die Rechtspopulisten die Schweiz als Vorbild. Es soll über jede Frage abgestimmt werden können, auch über die Verteilung von Finanzen. "Die Einführung von Volksabstimmungen nach Schweizer Modell ist für die AfD deshalb nicht verhandelbarer Inhalt jeglicher Koalitionsvereinbarungen", heißt es unter der Rubrik "Kernanliegen".

Ein Hauch von Donald Trump

Am Ende weht auch ein Hauch von Donald Trump durch das Programm der Alternativen. So wollen sie die Aufgaben der Nato auf den Schutz der europäischen Grenzen konzentrieren. Die Nato soll sich weniger transatlantisch engagieren. So ähnlich forderte das auch der Präsidentschafts-Kandidaten-Bewerber der Republikaner - mit dem Unterschied, dass er weniger Nato-Engagement für Europa will.

Das Grundsatzprogramm muss nun wohl ohne die umstrittene Europaabgeordnete Beatrix von Storch vollendet werden. Wie das "Redaktionsnetzwerk Deutschland" berichtet, ist von Storch aus der Programmkommission geflogen. Sie wird offenbar dafür verantwortlich gemacht, dass der Programmentwurf frühzeitig öffentlich wurde.

(qua)
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