Vor dem 1. Mai DGB warnt erneut vor sozialen Unruhen

Berlin (RPO). Vor den Kundgebungen zum Tag der Arbeit am 1. Mai hat DGB-Chef Michael Sommer seine Warnung vor sozialen Unruhen verteidigt. Alle Lösungen für die Finanzkrise müssten den Menschen als sozial gerecht erscheinen, sagte er. Sonst drohten soziale Zuspitzungen, die in Unruhen münden könnten.

Innenminister Wolfgang Schäuble zeigte sich besorgt über mehrere Neonazi-Demonstrationen und warnte vor Gewaltaktionen der Szene. Die Gewerkschaft der Polizei in Berlin erwartete Brandsatz-Attacken Linker auf Beamte.

Wie DGB-Chef Sommer bekräftigte auch IG-Metall-Chef Berthold Huber seine Warnung vor massiven Protesten in Deutschland. "Wenn die Krise zu einer hohen Zahl von Arbeitslosen führt und wenn die Politik einer solchen Entwicklung tatenlos zusieht, dann glaube ich nicht, dass die Menschen das mit verschränkten Armen zur Kenntnis nehmen werden", sagte er der "Saarbrücker Zeitung". Wenn es sein müsse, werde die IG Metall dann zu Protesten und Demonstrationen aufrufen.

Am 1. Mai werde die zentrale Forderung der Gewerkschaften ein Entlassungsverzicht sein. Die Arbeitnehmer hätten die Krise schließlich nicht verursacht, betonte Huber.

NRW-IG-Matell distanziert sich

Die IG Metall in NRW hat sich dagegen von Aufrufen zu sozialen Unruhen distanziert. "Niemand kann ein Interesse daran haben, soziale Unruhen anzuzetteln", sagte NRW-Bezirkschef Oliver Burkhard der in Essen erscheinenden "WAZ". "Soziale Unruhen kündigt man nicht an, die finden statt und nachher fragt man sich, warum? Es gibt natürlich Wut darüber, dass ein Zumwinkel 20 Millionen Rente einklagt, aber die Kassiererin wegen Pfandbons von 1,30 Euro rausfliegt", betonte Burkhard.

Auch die Aufforderung von Linke-Chef Oskar Lafontaine zu einem Generalstreik lehnte Burkhard ab. "Soll Lafontaine doch dazu aufrufen, es wird ihm kaum einer folgen", sagte der Gewerkschafter dem Vorabbericht zufolge. Der IG-Metall-Chef in NRW betonte zudem, dass Gewerkschaften in einem Streik dafür sorgten, dass die Leute trotzdem genug Geld bekämen. "Wenn Lafontaine zum Generalstreik aufruft, hat er mit seiner Parteikasse nicht das Vermögen, den Lebensunterhalt der Leute zu sichern", sagte Burkhard.

"Wir werden fertig mit diesen Rattenfängern"

Bundesinnenminister Schäuble sagte der "Südwest Presse" zur rechten Szene: "Sie greift zur Gewalt, schreckt vor nichts zurück." Es gebe aber keinen Grund zur Besorgnis. "Wir werden fertig mit diesen Rattenfängern", versicherte er.

"Die rechte Szene missbraucht immer massiver öffentlicher Anlässe, ob das nun die Dresdener Bombennacht ist oder jetzt der 1. Mai", sagte Schäuble. Sie sei zwar nicht gewachsen. "Die Sicherheitsbehörden sehen teilweise sogar eine Abwärtsbewegung. Aber das ist für uns kein Entwarnungssignal."

Die Gewerkschaft der Polizei befürchtet am 1. Mai in Berlin heftige Ausschreitungen. "Im Internet wird dazu aufgerufen, mit Brandsätzen gegen Polizeibeamte vorzugehen", sagte ihr Chef Konrad Freiberg der Zeitung "Die Welt". Die "zunehmende Brutalisierungs- und Zerstörungswut" bereite der Polizei große Sorgen. Freiberg riet Touristen, die am Feiertag in Berlin sind, sich von Gewaltaktionen weiträumig fernzuhalten. "Touristen sollten den Militanten keine Kulisse und Deckung bieten."

Die Berliner Polizei selbst sieht sich gut für den 1. Mai gerüstet: Mehr als 5.000 Polizisten sollen die Veranstaltungen vor Randalen schützen, wie Polizeipräsident Dieter Glietsch am Mittwoch sagte.

Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat für die Demonstrationen am 1. Mai ein konsequentes Vorgehen gegen Gewalttäter angekündigt. Friedliche Demonstranten hätten den verfassungsrechtlichen Schutz, Straftäter den Rechtsstaat und die Polizei zu erwarten, sagte Körting am Donnerstag in der Aktuellen Stunde des Abgeordnetenhauses. Er warnte zugleich davor, alle Demonstranten, die zum 1. Mai auf die "Ungerechtigkeiten in der Welt" hinweisen wollten, mit potenziellen Gewalttätern gleichzusetzen.

"An die Interessen der kleinen Leute gedacht"

Der DGB-Vorsitzende Sommer sieht in den heftigen Reaktionen auf seine Warnung vor Unruhen auch Positives, da "endlich an die Interessen der arbeitenden Menschen und an die vielen kleinen Leute gedacht" werde. Er bekräftigte zudem die Forderung des DGB, weitere 100 Milliarden Euro in Maßnahmen zur Unterstützung der Konjunktur zu investieren, "weil die wirtschaftliche Krise wesentlich tiefer geht als wir noch im Dezember angenommen hatten".

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte zu den Warnungen von Sommer und Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan vor sozialen Unruhen: "Wir rechnen nicht mit Unruhen, weil Deutschland einen starken Sozialstaat hat und weil wir auch Sozialpartnerschaften zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden haben." Gleichwohl dürfe man die Krise nicht verharmlosen. Es sei eine ernste wirtschaftliche Herausforderung. "Und es kann auch, wenn wir nicht das Richtige tun, das Vertrauen in die Demokratie Schaden nehmen."

Der Linken-Vorsitzende Oskar Lafontaine sagte der Berliner Zeitung, nur seine Partei repräsentiere heute die Arbeiterbewegung. Zugleich sprach er sich langfristig für eine Wiedervereinigung von SPD und Linkspartei aus.

(AP)
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