Der Hauptausschuss macht alles Deutschlands wichtigste Parlamentarier

Berlin · Noch wartet der Bundestag auf das Fertigwerden der Ampel-Koalition, bis er seine Fachausschüsse aufstellt. Doch im Hauptausschuss wird bereits intensiv gearbeitet. Dieses Gremium ersetzt derzeit alle anderen. Wer sitzt hier drin, wer sind diese wichtigsten Abgeordneten, wo kommen sie her? Von Parität ist die Besetzung weit entfernt.

 Die SPD-Politikerin Bärbel Bas ist als Präsidentin des Bundestages zugleich auch Vorsitzende des Hauptausschusses.

Die SPD-Politikerin Bärbel Bas ist als Präsidentin des Bundestages zugleich auch Vorsitzende des Hauptausschusses.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Sitzungssaal 3.101, die Vorsitzende eröffnet die Beratungen des Wirtschaftsausschusses über die EU-Vorgaben zum deutschen Umsatzsteuerrecht. Es beraten darüber auch der Finanz-, der Rechts-, der Landwirtschafts-, der Verkehrs-, der Umwelt-, der Europa- und der Haushaltsausschuss. Alltagsroutine im Bundestag. Es gibt nur ein Problem: Alle diese Ausschüsse gibt es noch nicht. Sie werden ersetzt vom Hauptausschuss, der in diesen Wochen alle Macht der Ausschüsse auf den Schultern seiner 62 Mitglieder ruhen lässt. Sie sind deshalb derzeit Deutschlands wichtigste Parlamentarier. Wer sind sie?

Deshalb lohnt ein Blick auf diejenigen, die die Bundestagsparteien in dieses Mega-Gremium geschickt haben. Es wird automatisch erlöschen, wenn die Ampel-Koalition steht und der Bundestag seine Fachausschüsse der besseren Kontrolle wegen spiegelbildlich zu den einzelnen Ministerien bilden kann. Auf der großen Bühne wurde die Einberufung des Hauptausschusses mit der Notwendigkeit begründet, beim eilbedürftigen neuen Infektionsschutzgesetz noch schnell die vorgeschriebenen Expertenanhörungen machen zu können. Doch schon die Fachgebiete der Mitglieder zeigen, dass es längst nicht nur um Gesundheitsexpertise geht: Die meisten sind Innenexperten (acht), erst auf dem zweiten Platz folgen die Gesundheits- und die Haushaltspolitiker (jeweils sieben), danach gibt es jeweils sechs Arbeits- und Finanzexperten.

Wie so oft, sind auch im Hauptausschuss die Frauen in der Unterzahl. Ihr Anteil liegt bei 42 Prozent. Besser sieht es bei der SPD (53 Prozent), bei den Grünen (56 Prozent) und erst recht bei den Linken (75 Prozent) aus. Die FDP bringt es dagegen nur auf einen Frauenanteil von 37, die CDU auf 33, die CSU auf 25 und die AfD auf Prozent. Die Alternative für Deutschland hat ausschließlich Männer entsandt.

Im Durchschnitt sind die Parlamentarier im Hauptausschuss 51 Jahre alt. Darüber liegt das Durchschnittsalter bei der CDU (51,7), bei der SPD (52,3) und bei der AfD (59,7), darunter bei der CSU (48,7) bei den Linken (48,3), bei den Grünen (48,2) und bei der FDP (48,0). In Sachen Herkunft geben Politiker aus NRW den Ton an: 13 der 62 sind im bevölkerungsreichsten Bundesland zu Hause, die meisten (vier) stellen hier übrigens die Grünen. Auf Rang zwei liegt Bayern mit zwölf Mitgliedern, gefolgt von Baden-Württemberg mit acht und Hessen und Niedersachsen mit jeweils vier. Der Osten ist nur sehr schwach vertreten. Nur fünf Mitglieder kommen aus den östlichen Bundesländern, aus Mecklenburg-Vorpommern nicht mal ein einziger. Bei FDP, Grünen und Linken herrscht hier Fehlanzeige, SPD, Grüne und Linke schicken lediglich aus Berlin jeweils einen Vertreter.

Auffallend ist die herausgehobene Rolle vieler Ausschussmitglieder. Gleich zwei Fraktionsvorsitzende (Ralph Brinkhaus von der Union und Christian Lindner von der FDP), zwölf Parlamentarische Geschäftsführer und 20 Vizefraktionschefs sind im Hauptausschuss vertreten. Weil bei den unterschiedlichen Fachthemen das Rotieren ausdrücklich erwünscht ist, wurden bei den Berechnungen die 31 ordentlichen und die 30 stellvertretenden Mitglieder zusammengenommen und um die Parlamentspräsidentin Bäbel Bas als Vorsitzende ergänzt, da diese 62 Abgeordneten jederzeit an jeder Sitzung teilnehmen können.

Aus NRW wirken neben den schon erwähnten Spitzenpolitikern Bärbel Bas (SPD), Ralph Brinkhaus (CDU) und Christian Lindner (FDP) noch zehn weitere Abgeordnete mit: Achim Post und Dirk Wiese von der SPD, Hermann Gröhe von der CDU, Katharina Dröge, Maria Klein-Schmeink, Oliver Krischer und Janosch Dahmen von den Grünen, Marco Buschmann und Katrin Helling-Plahr von der FDP sowie Rüdiger Lucassen von der AfD.

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