Sorge vor Missbrauch Deutschland boykottiert Antirassismus-Konferenz

Berlin/Genf (RPO). Nach den USA, den Niederlanden, Italien Israel und Kanada hat auch Deutschland seine Teilnahme an der Antirassismus-Konferenz der Vereinten Nationen in Genf abgesagt. Es ist das erste Mal, dass Deutschland eine Konferenz der Vereinten Nationen boykottiert. Der Gastgeber zeigt sich tief enttäuscht.

 Auch die Teilnahme des iranischen Präsidentin Mahmud Ahmadinedschad hat Einfluss auf die Boykott-Entscheidung gehabt.

Auch die Teilnahme des iranischen Präsidentin Mahmud Ahmadinedschad hat Einfluss auf die Boykott-Entscheidung gehabt.

Foto: AFP POOL, AFP

Hintergrund ist die Befürchtung, dass die Konferenz von islamischen Ländern für propagandistische Attacken gegen Israel missbraucht werden könnte. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte die deutsche Teilnahme am Sonntagabend ab - nach einer Telefonkonferenz mit mehreren EU-Kollegen - unter anderen aus Frankreich, Großbritannien, Spanien, Tschechien, Dänemark und Schweden.

In der EU war bis zuletzt um eine gemeinsame Haltung gerungen worden. Nach Italien lehnten aber am Sonntag auch die Niederlande eine Teilnahme ab, Großbritannien sagte dagegen zu. Israel und Kanada hatten schon vor längerem beschlossen, die Konferenz zu boykottieren. Die USA begründeten ihre Absage mit ihrer Kritik an dem geplanten Abschlussdokument, konkret den Formulierungen zum Thema Israel. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte und Gastgeberin der Konferenz, Navi Pillay, äußerte sich "schockiert und tief enttäuscht" über den US-Boykott.

Ahmadinedschad bereits eingetroffen

Die UN-Konferenz soll am Montag eröffnet werden und bis zum 25. April dauern. Nach Angaben der Vereinten Nationen haben bislang mindestens 35 Staaten ihre Teilnahme zugesagt.

Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad traf am Sonntagabend unter dem Protest Israels den Schweizer Bundespräsidenten Hans-Rudolf Merz in Genf.

Es ist das erste Mal, dass Deutschland eine Konferenz der Vereinten Nationen boykottiert. Steinmeier teilte mit, die Absage sei nicht leicht gefallen. "Gleichwohl steht aus Sicht der Bundesregierung trotz intensiver Bemühungen im Vorfeld insbesondere seitens der EU weiterhin zu befürchten, dass diese Konferenz ebenso wie die Vorgängerkonferenz im Jahre 2001 als Plattform für andere Interessen missbraucht wird. Das können wir nicht akzeptieren."

Aus diesem Grund war schon die erste "Weltkonferenz gegen Rassismus" 2001 in Durban mit einem Eklat geendet. Die Delegationen der USA und Israels reisten damals vorzeitig ab.

Appell an Teilnehmer

Steinmeier appellierte an alle Teilnehmer der Konferenz, sich zur wirksamen Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung zu bekennen und die bevorstehende Konferenz nicht anderweitig zu instrumentalisieren. "Wir werden den Konferenzverlauf als Beobachter sehr genau verfolgen. Wir werden uns weiterhin eng mit unseren EU-Partnern abstimmen und und behalten uns vor, zu einem späteren Zeitpunkt wieder aktiv teilzunehmen."

Der Jüdische Weltkongress begrüßte die deutsche Absage nachdrücklich. Der Präsident Ronald S. Lauder erklärte, es sei bereits im Vorfeld klar geworden, dass die Antirassismus-Konferenz erneut eine Plattform für anti-israelische Propaganda werden solle.

Der Zentralrat der Juden hatte schon im September 2008 in einem Brief an Steinmeier gefordert, die Bundesrepublik solle der Durban-Folgekonferenz fernbleiben. Deutschland sollte "insbesondere in Verantwortung vor seiner Geschichte ein klares Zeichen setzen und sich nicht an der Durban Review Conference beteiligen", schrieb der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer, damals.

Papst Benedikt XVI. lobte die Konferenz als wichtige Initiative im Kampf gegen Intoleranz. Trotz der Lehren aus der Vergangenheit gebe es auch heute noch "solche bedauerlichen Phänomene", erklärte das Oberhaupt der katholischen Kirche am Sonntag in Castel Gandolfo. Er hoffe, das die Delegierten in Genf in einem "Geist des Dialogs und der gegenseitigen Akzeptanz" zusammenarbeiteten, um Rassismus, Diskriminierung in Intoleranz zu beenden.

(AP)
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