Bundestag billigt Bundeswehr-Einsatz Deutschland beteiligt sich an Vernichtung syrischer C-Waffen

Berlin · Der Bundestag hat am Mittwoch mit den Stimmen von Union, SPD und Grünen den Bundeswehr-Einsatz zur Absicherung der Vernichtung syrischer Chemiewaffen gebilligt. Für die Mission stimmten 535 Abgeordnete. Es gab 35 Gegenstimmen sowie 19 Enthaltungen vorwiegend von Parlamentariern der Linken.

Hier wird syrischen Giftgas vernichtet
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Das von der Bundesregierung in der vergangenen Woche beschlossene Mandat sieht vor, dass die Bundeswehr mit 300 Soldaten und einer Fregatte den Einsatz des US-Spezialschiffs "Cape Ray" schützen soll. Auf dem Schiff sollen im Mittelmeer die syrischen Chemiewaffen durch das sogenannte Hydrolyseverfahren unbrauchbar gemacht werden. Auch die US-Marine soll sich an dessen Schutz beteiligen.

In der Debatte im Bundestag sagte der Linken-Abrüstungsexperte Jan van Aken: "Es ist völlig richtig und wichtig, dass die syrischen Chemiewaffen jetzt vollständig vernichtet werden." Auch die Methode und die Bewachung des dafür vorgesehenen Schiffes seien "völlig in Ordnung". Allerdings gebe es von Seiten der Linken Bedenken gegen eine "systematische Ausweitung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr". Auch dass die Aktion in NATO-Regie erfolge, gebe "Grund zum Misstrauen". Van Aken selbst enthielt sich der Stimme.

Bei den Linken hatte sich Fraktionschef Gregor Gysi im Vorfeld für eine geschlossene Stimmenthaltung eingesetzt, sich damit aber nicht gegen die Parteilinke um Fraktionsvize Sahra Wagenknecht durchsetzen können. Normalerweise lehnt die Linke Bundeswehreinsätze im Ausland aus grundsätzlichen Erwägungen ab. In diesem Fall hatten Reformer in der Fraktion aber für ein Ja oder eine Enthaltung plädiert, da es sich um einen Einsatz für ein Abrüstungsvorhaben handele.

"Es geht hier um einen konkreten Beitrag zur Abrüstung", betonte im Bundestag auch der SPD-Politiker Rolf Mützenich. Der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour bedauerte, dass selbst bei einem solchen Vorhaben kein einstimmiges Votum des Bundestages erreicht werden könne. "Wir sprechen nicht über einen Militäreinsatz im herkömmlichen Sinn. Wir sprechen über ein Abrüstungsprojekt", hob auch er hervor.

Nouripour wies allerdings auch darauf hin, dass die weitaus meisten Menschen in Syrien nicht durch Chemiewaffen, sondern mit konventionellen Waffen getötet werden. Insofern reiche die Vernichtung der Chemiewaffen nicht aus.

Die Details

DAS HAUPTSCHIFF "CAPE RAY" Eigentlich ist die "MV Cape Ray" ein gewöhnliches Frachtschiff der US-Marine, doch bei dem Einsatz zur Zerstörung der syrischen Chemiewaffen kommt ihr die Schlüsselrolle zu. Auf dem 197 Meter langen Schiff sollen die gefährlichsten Kampfstoffe unschädlich gemacht werden. Das Schiff nimmt im süditalienischen Hafen Gioia Tauro etwa Senf- und Saringas an Bord, das aus Syrien von mehreren skandinavischen Frachtschiffen dorthin gebracht wurde, und sticht damit wieder in See.

DER VERNICHTUNGSVORGANG Im sogenannten Hydrolyseverfahren werden die Giftgase auf offenem Meer unter Einsatz von heißem Wasser und verschiedenen Chemikalien unschädlich gemacht. Übrig bleiben Reststoffe, die von privaten Spezialfirmen entsorgt werden - unter anderem im niedersächsischen Munster. Die Hydrolyseanlagen wurden auf dem Schiff eigens installiert. Bedient werden sie von mehr als 60 Spezialisten. Hinzu kommen Dutzende Crewmitglieder und Sicherheitskräfte zum Schutz des Schiffs selbst.

DEUTSCHES SCHUTZSCHIFF "AUGSBURG" Um die "Cape Ray" vor Angriffen zu schützen, sind zwei Fregatten in einem Umkreis von etwa acht Kilometern um das Schiff unterwegs - darunter die deutsche Fregatte "Augsburg". Die bewaffneten Schiffe kreuzen flexibel, um Bedrohungen zu erkennen und darauf zu reagieren. Die "Augsburg" war bis vor wenigen Tagen noch mit dem Einsatzausbildungsverband der Marine unterwegs. Sie wurde aber bereits zu dem neuen Einsatz abberufen. Schutzaufgaben auf der "Cape Ray" selbst übernimmt die Bundeswehr nicht.

DIE BEDROHUNGSLAGE Als Risiken und Bedrohungen im Mittelmeer gelten Piraterie, organisierte Kriminalität und auch Angriffe von Extremisten. Ein US-Schiff mit Giftgas an Bord gilt wegen seiner symbolischen Bedeutung grundsätzlich als potenzielles Angriffsziel. Zudem wird die Chemiewaffenvernichtung von der Weltöffentlichkeit aufmerksam verfolgt. Die möglichen Folgen eines Angriffs werden als erheblich eingeschätzt. Potenzielle Angreifer sollen zum Abdrehen gezwungen werden, bevor militärische Gewalt nötig wird.

DAS EINSATZGEBIET Wo genau das Giftgas vernichtet wird, wird unter anderem vom Wetter bestimmt. Grund ist, dass der Hydrolysevorgang sehr witterungsabhängig ist. Aber auch Sicherheitsfragen dürften ausschlaggebend dafür sein, dass das Einsatzgebiet nicht näher bekannt gemacht wird. Nach derzeitiger Planung soll der gesamte Einsatz im Mittelmeer erfolgen. Auch ein Ausweichen auf den Nordatlantik ist aber möglich. Einschränkungen für den internationalen Schiffsverkehr soll es durch den Einsatz nicht geben.

(AFP)
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