Neue Umfrage-Ergebnisse Deutsche können sich Schwarz-Grün vorstellen

München · Während sich mehr als die Hälfte der Bundesbürger laut einer Umfrage eine schwarz-grüne Bundesregierung nach der Bundestagswahl 2013 vorstellen können, sieht Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin doch deutliche Differenzen zwischen den beiden Parteien. Ein kategorisches Nein lehnt er allerdings ab.

Grünen-Parteitag: Soziales und Vorstandswahl
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In der aktuellen Umfrage plädieren allerdings nur sieben Prozent klar für die Konstellation Schwarz-Grün, wie Emnid für den "Focus" ermittelte. Weitere 47 Prozent können sich eine solche Koalition demnach unter Umständen vorstellen. Ein gutes Drittel wäre strikt dagegen.

Bei den CDU/CSU-Wählern sind 15 Prozent für Schwarz-Grün, weitere 56 Prozent wären unter Umständen dafür, wenn es für Schwarz-Gelb nicht reicht. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Grünen-Wählern: 11 Prozent sind offen für Schwarz-Grün, weitere 51 Prozent wären dafür, wenn es mit Rot-Grün nicht klappen sollte.

Schwarz-grüne Gedankenspiele

Die anhaltende Schwäche des Koalitionspartners FDP befeuert zudem schwarz-grüne Gedankenspiele in der Union. Spitzenpolitiker von CDU und CSU zeigten sich am Wochenende mit Blick auf die Bundestagswahl in einem Jahr offen für eine Koalition mit den Grünen. CDU-Parteivize Norbert Röttgen sagte dem "Focus", die ideologischen Kämpfe zwischen Union und Grünen seien vorbei, die unüberbrückbaren Gegensätze früherer Zeiten in den letzten Jahren weitgehend verschwunden. "Aus einigen traditionellen politischen Kampfthemen sind inzwischen Konsensthemen der Gesellschaft geworden." Dazu zähle er den Atomausstieg, die Energiewende, die Auslandseinsätze der Bundeswehr sowie die Homo-Ehe.

Der nordrhein-westfälische CDU-Landesvorsitzende und designierte CDU-Bundesvize Armin Laschet, sagte, die Grünen wollten sich "nicht mehr an die SPD ketten und aus der babylonischen Gefangenschaft ausbrechen". Laschet meinte in der "Welt am Sonntag" auch: "Schwarz-Grün sollten wir nicht ausschließen". In der Außen- und Europapolitik gebe es "viele Übereinstimmungen", und auch in der Energiepolitik seien sich Union und Grüne näher gekommen.

Laschet und Röttgen gehörten einst der sogenannten Pizza-Connection an, einem losen Zusammenschluss von Politikern der Grünen und der CDU.

Grün ist scharf auf schwarze Stimmen

Angesichts der Schwäche der SPD seien die Grünen "unser Hauptgegner im Kampf um die Mitte der Gesellschaft", sagte Laschet. Die CDU müsse die Partei des selbstbewussten Bürgertums sein, das Freiheit und Toleranz gegenüber jedem hochhalte. Die Grünen drängten in die bürgerliche Mitte, "und wir nehmen den Kampf an".

Im Wahlkampf wildern die Grünen bei der Union. Die Grünen wollten bürgerliche Unionswähler umwerben, betonte das Spitzenduo Katrin Göring-Eckardt und Jürgen Trittin auf dem Parteitag in Hannover. Eine schwarz-grüne Koalition schlossen sie jedoch aus.

Nach dem aktuellen ZDF-"Politbarometer" würde es für die Grünen nicht zur Wunschkoalition mit der SPD reichen, wohl aber für ein Bündnis mit der Union. Derzeit kämen die Grünen unverändert auf 13 Prozent. Die Union wäre mit 39 Prozent weiterhin stärkste Kraft. Die SPD kommt auf 30 Prozent. FDP und Piraten wären mit jeweils vier Prozent nicht im Bundestag vertreten. Die Linke liegt bei sechs Prozent. Mehrheitsfähig wären damit neben einer großen Koalition nur eine schwarz-grüne Koalition oder ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linkspartei.

SPD begrüßt Aufmerksamkeit für die Grünen

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sagte ungeachtet der Umfragewerte, er stehe "nur für eine rot-güne Mehrheit zur Verfügung, um als SPD-Kanzler dieses Land in eine neue Politik zu führen". Ziel sei es, Schwarz-Gelb nicht nur, halb sondern ganz abzulösen, sagte er in Magdeburg.

"Für eine rot-grüne Mehrheit brauchen wir auch starke Grüne", betonte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Diese Einsicht unterscheide die SPD von der Union. "Dass der Erfolg des Koalitionspartners langfristig wichtig für den eigenen Erfolg ist, hat Kanzlerin Merkel nie verstanden."

Seehofer will notfalls mit allen Parteien sprechen

Merkel wird es in der Ferne mit einem Schmunzeln vernommen haben.
Die CDU-Vorsitzende führt die in den Umfragen derzeit stärkste Partei an, sie weiß, dass aller Voraussicht nach sie es sein wird, die sich den Koalitionspartner aussuchen kann. Dabei setzt Merkel vorrangig auf die FDP, wie sie am Samstag auf einem CDU-Landesparteitag in Leipzig bekräftigte.

Wenn es aber für Rot-Grün oder Schwarz-Gelb nicht reicht, dann bleibt Merkel nur eine Große Koalition mit der SPD oder eine Koalition mit den Grünen. Unrealistisch ist das nach der von ihr eingeleiteten Energiewende nicht, die Atompolitik als größter Brocken zwischen beiden Parteien ist aus dem Weg geräumt.

Die Annäherung ist ohnehin nicht neu. Im Spätsommer 2010 hatte Merkel schon erklärt, dass es auf Bundesebene zwar noch viele Dinge zu überbrücken gebe, Schwarz-Grün auf Landesebene aber durchaus gehen würde. Ungefähr zur gleichen Zeit fing der damalige Unions-Fraktionsgeschäftsführer und heutige Umweltminister Peter Altmaier an, die Grünen öffentlich zu loben. Diese seien im Vergleich mit der SPD näher bei der Realität, sagte er unter anderem.

Und selbst einer, der die Grünen früher nicht leiden konnte, mischt bei den politischen Farbspielen mit. Sollte es bei der Bundestagswahl 2013 nicht für eine Neuauflage der schwarz-gelben Koalition reichen, müssten Gespräche mit allen Parteien geführt werden, sagte CSU-Chef Horst Seehofer "Bild am Sonntag". Nur die Linkspartei schloss Seehofer dabei aus.

(dpa)
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