Deutsch-israelische Regierungskonsultationen Merkel und Netanjahu folgen dem "Wunder unserer Geschichte"

Berlin · Angela Merkel hat Benjamin Netanjahu zu deutsch-israelische Regierungskonsultationen in Berlin empfangen. Ein gemeinsamer Besuch im Historischen Museum lässt das besondere Verhältnis der beiden Staaten einmal mehr zu tage treten.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel, Sarah Netanjahu und der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Deutschen Historischen Museum Berlin in der Ausstellung "Kunst aus dem Holocaust".

Bundeskanzlerin Angela Merkel, Sarah Netanjahu und der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Deutschen Historischen Museum Berlin in der Ausstellung "Kunst aus dem Holocaust".

Foto: dpa, htf

Unter all den Staatschefs und Ministerpräsidenten, mit denen sie zu tun hat, ist Benjamin Netanjahu einer von denen, die Angela Merkel am besten kennt. Wie die Kanzlerin gehört Israels Premierminister inzwischen zu den dienstältesten Regierungschefs. Sieben Jahre fast sind die beiden nun schon zugleich im Amt: sie in der dritten, er sogar schon in der vierten Dienstperiode. Beide wissen, wie der andere redet und denkt. Auch, was man voneinander erwarten kann und was nicht.

So ist vieles Routine geworden - auch die gemeinsamen Regierungskonsultationen, auf die beide Seiten anfangs so stolz waren. Von den sechs Treffen, die es seit 2008 gab, fanden fünf unter Leitung von Merkel und Netanjahu statt. Aber dann gibt es doch immer wieder diese Momente, in denen man vor Augen geführt bekommt, dass das Verhältnis von Deutschland und Israel nie normal sein wird.

Am Dienstag war dies ein gemeinsamer Besuch im Deutschen Historischen Museum, der zuvor nicht angekündigt war. Dort läuft gerade die Ausstellung "Kunst aus dem Holocaust": mehr als hundert Kunstwerke, die zur Zeit der Nazi-Herrschaft in Konzentrationslagern, Arbeitslagern und Ghettos entstanden. Es sind Bilder, die bewegen. Das "Wunder unserer Geschichte", wie Merkel die Aussöhnung zwischen Täter- und Opferstaat nennt, kann hier jeder begreifen.

Kaum Neues, viel Routine

Ohne diesen Abstecher ins Museum wäre die Bilanz des Treffens ziemlich nüchtern ausgefallen. Die Konsultationen - die eigentlich schon vergangenes Jahr stattfinden sollten, zum 50-jährigen Bestehen der diplomatischen Kontakte, aber zweimal verschoben wurden - brachten trotz acht Seiten Abschlusserklärung kaum etwas Neues. Die Feierlichkeiten sind vorbei.

Genauso wie die Hoffnung, dass im Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern in absehbarer Zeit noch irgendetwas vorangehen könnte, dahin ist. Die jüngste Welle der Gewalt dauert nun auch schon wieder seit Monaten. In Israels rechtsreligiöser Regierung setzt sich niemand mehr groß für eine "Zwei-Staaten-Lösung" mit den Palästinensern ein, auch wenn dies offiziell weiter die Linie ist.

Selbst Merkel gebrauchte den Begriff - seit 1993 das große internationale Ziel - beim Pressetermin mit Netanjahu gerade noch ein einziges Mal. Um dann gleich einzuschränken: "Es ist sicherlich jetzt nicht der Zeitpunkt, einen ganz umfassenden Fortschritt zu machen." Merkels Bilanz: Die jahrelangen Versuche, Israel zu echten Friedensgesprächen an den Verhandlungstisch zu bewegen, haben nichts gebracht. Jetzt hat sie andere Probleme.

Länger Thema war dann der Streit um das Atom-Abkommen mit dem Iran, das gegen Netanjahus Willen mit deutscher Hilfe ausgehandelt wurde. Merkel rechtfertigte das Abkommen, forderte Teheran aber auf, sich klar zum Existenzrecht Israels zu bekennen. Andernfalls werde es für Deutschland eine "normale freundschaftliche Beziehung" zum Iran nicht geben. Auf die Debatten um eine Einladung des iranischen Präsidenten Hassan Ruhani nach Berlin ging sie überhaupt nicht ein.

Zum deutsch-israelischen Verhältnis gab es von Merkel aber noch diesen Satz: "Man muss vor allen Dingen immer auch im Gespräch bleiben, selbst wenn es Meinungsverschiedenheiten gibt. Deutschland wird das auch in Zukunft tun." Netanjahu antwortete mit der Feststellung, dass Israels Demokratie eine "Festung der westlichen Zivilisation im Nahen Osten" sei. "Wir verteidigen nicht nur uns. Wir verteidigen auch Ihre Werte."

Dem Ministerpräsidenten gelang es damit dann auch, den Bogen zur Flüchtlingskrise zu schlagen. "Wenn Israel nicht bestünde, dann wäre der ganze westliche Teil des Nahen Ostens vom extremen Islamismus schon überrollt worden. Und wenn wir dort nicht stünden, dann wären noch weitere Millionen schon nach Europa gekommen." Netanjahu schlug dazu wild mit den Armen. Merkel stand still daneben, mit dem interessierten Blick, den sie sich für solche Gelegenheiten zu eigen gemacht hat.

(felt/dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort