Partei sackt in Umfrage weiter ab Der Zauber der Grünen ist verflogen

Berlin (RPO). Die Zeiten des Höhenflugs sind vorbei. Zum dritten Mal in Folge haben die Grünen laut einer aktuellen Umfrage in der Wählergunst verloren. Und das ausgerechnet jetzt, wo mehrere wichtige Landtagswahlen anstehen. Doch die Themen, die der Partei noch im Sommer Rekordwerte bescherten, haben sich scheinbar in Luft ausgelöst.

Griffige Zitate vom Parteitag der Grünen
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Foto: dapd

Was staunte die Republik über den rasanten Aufstieg der Grünen im vergangenen Jahr. Im Januar lag die Partei in den Umfragen noch bei 15 Prozent, im Februar bei 17, und im Juli waren es dann 19 Prozent. Und der Höhenflug wollte nicht aufhören. Im September dann lag die Partei sogar mit der SPD gleich auf. Jeweils 24 Prozent der Befragten sagten damals, sie wollten diese beiden Parteien wählen.

Doch so schnell der Aufstieg, so rasant geht es nun wieder hinab. Laut der aktuellen Umfrage im Auftrag von Stern und RTL würden sich nur noch 18 Prozent der Wähler für die Grünen entscheiden. Zwar verlor die Partei im Vergleich zur Vorwoche nur einen Punkt, doch es ist der schlechteste Wert seit Anfang August des vergangenen Jahres. Profitiert hat davon in dieser Woche übrigens die SPD.

Von Atomprotest bis Stuttgart 21

Beobachter und Analysten hatten sich im Sommer noch die Frage gestellt, ob die Grünen sich inzwischen zur Volkspartei gemausert haben. Diese Frage stellt sich heute kaum noch einer, obwohl nicht abzustreiten ist, dass sich die Partei in der politischen Landschaft inzwischen gut etabliert hat und auch ihr Wählerspektrum erweiterte.

Die Grünen selbst hatten ihren Umfragen-Höhenflug offiziell immer recht gelassen gesehen. Schließlich sagten Umfrageergebnisse noch lange nichts über tatsächliches Wählerverhalten aus. Und auch mancher Politikexperte sah es schon damals den aktuellen Ereignissen geschuldet, dass die Grünen auf der Siegerstraße waren, und sich das nicht dauerhaft halten würde.

Tatsächlich hatte die Partei im vergangenen Jahr eine wesentlich angenehmere Ausgangslage. Der Protest gegen den Rückzug der Koalition aus dem eigentlich schon beschlossenen Atomausstieg hatte bei vielen für enormen Unmut gesorgt. Gezeigt hatte sich das vor allem in den Protesten gegen den Castor-Transport aus Frankreich.

Hinzu kamen die Proteste gegen das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21, bei dem auch zahlreiche Demonstranten verletzt worden. Damals kamen die Grünen in Baden-Württemberg, wo im März Landtagswahlen stattfinden, auf 32 Prozent Zustimmung bei den Wählern — nur zwei Prozent weniger als die CDU.

Doch nach der Schlichtungsrunde mit dem CDU-Mann Heiner Geißler wurde es ruhig um die Protestierenden, die Zeit der dauerhaften Massendemonstrationen schien vorbei, auch wenn am Wochenende wieder einige tausend Menschen gegen das Projekt demonstriert haben.

Belächelt als die "Anti-Partei"

All das hatte den Grünen enorme Hinzugewinne beschert: die Partei, die von Anfang an gegen die Atompolitik kämpfte, und die Partei, die sich als einzige wirklich gegen Stuttgart 21 stellte. Die Konkurrenz belächelte damals den Höhenflug, so mancher Politiker bezeichnete die Grünen als die Anti-Partei, die sich immer nur gegen etwas stellen.

Und tatsächlich ist es der Partei offenbar nicht gelungen, die Wähler dauerhaft an sich zu binden. Zumal es nicht nur die beiden genannten Themen waren, die Wähler zu den Grünen trieben. Auch der Unmut über die Politik in Berlin, der ständige Streit in der Koalition und auch die Schwäche der SPD wirkten sich positiv auf grüne Umfragewerte aus. Experten gingen damals oft auch davon aus, dass viele von den Sozialdemokraten enttäuschten Wähler sich den Grünen zuwandten.

Doch gerade die SPD hat sich wieder gefangen — siehe Hamburg. Aber die direkte Konfrontation etwa bei den Hartz-IV-Verhandlungen, die Blockade bestimmter Themen im Bundesrat, all das könnte den Sozialdemokraten, die inzwischen wieder laut ihre Stimme erheben, nützen.

In Baden-Württemberg bei 25 Prozent

Um die Grünen dagegen ist es recht still geworden in den vergangenen Monaten. Und so ereilt die Grünen - wie von vielen schon erahnt - das Schicksal wie die FDP, wenn auch nicht in so massivem Ausmaß wie bei der Partei, die als Regierungspartner inzwischen nur noch bei fünf Prozent steht. Dennoch — die Wut der Wähler scheint verraucht und damit der extreme Erfolg der Grünen.

Für die anstehenden Landtagswahlen ist das alles andere als förderlich, insbesondere in Baden-Württemberg, wo mancher schon vom Politikwechsel geträumt hat. Nach einer Umfrage vom 13. Februar sind die Grünen mit 25 Prozent zwar noch immer stark dabei, die CDU liegt aber mit 40 Prozent weit vorn.

Und so wird die Bundeshauptstadt wohl die letzte Hoffnung der Grünen werden, aus dem einstigen Höhenflug wenigstens noch einen Triumph ziehen zu können. Denn die Wahl zum Abgeordnetenhaus findet erst im September statt. Und im Moment liegt zwar die SPD mit 28 Prozent vorn, doch die Grünen folgen ebenso wie die CDU mit 23 Prozent. Zeit genug also, um inhaltlich doch noch Schwerpunkte zu setzen, die der politischen Konkurrenz das Wasser abgraben könnten.

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