Sonderparteitag Der neue Kurs der SPD

Berlin (RPO). SPD-Parteichef Sigmar Gabriel hat die Sozialdemokraten auf dem Sonderparteitag auf einen neuen Kurs eingeschworen: Künftig solle die Partei wieder stärker für soziale Gerechtigkeit und Freiheit kämpfen. Ein Jahr nach dem Debakel bei der Bundestagswahl beschlossen die Genossen mit großen Mehrheiten Korrekturen in der Steuer-, Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik.

Der neue Kurs der SPD
Infos

Der neue Kurs der SPD

Infos
Foto: AP

"Wer nach dem Markenkern der SPD fragt: Das ist er", sagte Gabriel am Sonntag auf dem außerordentlichen Bundesparteitag in Berlin. Für die Bundestagswahl 2013 gab Gabriel als Ziel eine rot-grüne Mehrheit vor. "Ich rate deshalb zu Freude und Gelassenheit - sowohl was die eigenen Umfragen angeht als auch die der Grünen", sagte der SPD-Chef. Das Umfragenhoch der Grünen, mit denen die SPD um rot-grüne Wechselwähler konkurriert, werde nicht von Dauer sein. "Die Grünen sind jetzt gerade das, was die FDP im Jahr 2009 war." Wo sie regierten, verlören sie wie die FDP schnell Wählerstimmen.

Der Kampf für soziale Gerechtigkeit und Freiheit sei das Alleinstellungsmerkmal der SPD, sagte Gabriel. Zwei Dinge müssten sich ändern. "Wir müssen wieder mehr Partei ergreifen, parteiischer werden", forderte der Parteichef. "Und wir müssen europäischer werden." Die SPD stehe für ein Fortschrittsmodell, das wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soziale Sicherheit und ökologische Verantwortung verzahne: "Wir müssen dafür kämpfen, dass wir wieder Fortschrittsträger in Deutschland werden."

Der Parteitag beschloss mit großen Mehrheiten Eckpunkte für eine Neuausrichtung in der Steuer-, Renten- und Arbeitsmarktpolitik, die in den vergangenen Monaten von der Parteiführung ausgearbeitet worden waren. Damit korrigiert die SPD Positionen aus elf Jahren an der Regierung. Der für 2012 vorgesehene Einstieg in die Rente mit 67 soll um drei Jahre verschoben werden. Vermögende und Gutverdiener sollen durch eine Vermögensteuer und einen höheren Spitzensteuersatz von 49 Prozent stärker zur Kasse gebeten werden. Das reguläre, aus Beiträgen finanzierte Arbeitslosengeld I soll bis zu zwölf Monate länger gezahlt werden, wenn sich Arbeitslose fortbilden.

Einzig in der Steuerdebatte kam auf dem Parteitag Spannung auf. Die Jusos forderten ein Festhalten an der Reichensteuer, die nach dem Willen der Parteiführung mit der Heraufsetzung des Spitzensteuersatzes wegfallen soll. Gabriel ergriff spontan nochmals das Wort und warb in einem kämpferischen Plädoyer für Vertrauen der SPD-Genossen untereinander. "Wer wohlhabend ist, trägt mehr Verantwortung", rief Gabriel. "Das ist mehr als die Begrifflichkeit der Reichensteuer." Beschlossen würden die Details erst 2011. "Wenn wir es nicht schaffen, uns gegenseitig zu vertrauen, (...) dann wird das nichts mit unserer Partei." Der Parteitag lehnte den Änderungsantrag der Jusos daraufhin ab.

Der Parteitag billigte zwei Resolutionen zur Integration von Bürgern ausländischer Herkunft und gegen die Verlängerung der Atomlaufzeiten durch die Bundesregierung. Gegen Integrationsverweigerer will die SPD härter durchgreifen, die Gesetze aber nicht verschärfen. Wer dauerhaft nach Deutschland komme, "hat auch die Pflicht, einen eigenen Beitrag zur Integration in die Gesellschaft zu leisten, zum Beispiel durch Teilnahme an Integrationskursen". Notwendig sei eine "konsequente und schnellere Anwendung der bestehenden Gesetze".

(RTR)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort