FDP nach dem Wahldebakel Der Machtkampf ist entfesselt

Berlin (RPO). Die FDP steht vor einem politischen Scherbenhaufen. Und so reißt die Debatte um Veränderungen auch drei Tage nach den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg nicht ab. Von Einigkeit ist dabei sowohl inhaltlich als auch personell keine Spur – und das wird sich bis zur Präsidiumssitzung am 11. April wohl kaum ändern. Ob dies förderlich ist, um das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen, bleibt fraglich.

FDP-Chef Porträt: Das ist Christian Lindner
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Christian Lindner – der Überflieger

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Foto: dpa/Focke Strangmann

Berlin (RPO). Die FDP steht vor einem politischen Scherbenhaufen. Und so reißt die Debatte um Veränderungen auch drei Tage nach den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg nicht ab. Von Einigkeit ist dabei sowohl inhaltlich als auch personell keine Spur — und das wird sich bis zur Präsidiumssitzung am 11. April wohl kaum ändern. Ob dies förderlich ist, um das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen, bleibt fraglich.

Zumindest eine personelle Konsequenz hatte es nach dem Debakel vom Sonntag gegeben: Wirtschaftsminister Rainer Brüderle gab seinen Posten als Chef der Liberalen in Rheinland-Pfalz ab, also in dem Bundesland, in dem die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert war.

Ein erster Schritt, der wohl nicht der letzte bleiben wird. "Wir werden die Frage des künftigen Teams, das die FDP in den nächsten zwei Jahren führen wird, umfassend am 11. April beraten", hatte Bundesparteichef Guido Westerwelle bereits angekündigt.

Und so gibt es in der FDP einen Diskussionsprozess, in dem besonders die Angegriffenen wie Westerwelle, Brüderle oder auch die Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger versuchen, ihre Anhänger hinter sich zu scharen und auf die Zeit setzen. Aber die Kritik gerade am Vorsitzenden hält an.

FDP-Vorstandsmitglied Jorgo Chatzimarkakis etwa sagte dem "Stern": "Wer als Parteivorsitzender Schicksalswahlen verliert, muss als Parteivorsitzender die Konsequenzen ziehen." Daher sollte Westerwelle bereits vor dem Parteitag im Mai seinen Rückzug von der Parteiführung ankündigen.

"Wir haben im Moment eine offene Situation", betonte auch Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die auch FDP-Landeschefin in Bayern ist. "Wir müssen in den Gremien auch mit den Landesvorsitzenden beraten", fügte sie hinzu. Jedenfalls gehöre auch der Posten des Parteichefs "in den Kreis unserer Gesamtüberlegungen für ein Personaltableau", erklärte Leutheusser-Schnarrenberger.

Bahr fordert mehr Anstand in der Debatte

FDP-Vorstandsmitglied Daniel Bahr dagegen versucht, ein wenig die Emotionen zu beruhigen. Er rief seine Partei in der "Welt" zu mehr Anstand in der Debatte auf. Man solle nicht nur einen Schuldigen suchen. Und Gesundheitsminister Philipp Rösler forderte in der "Neuen Presse" aus Hannover eine inhaltliche Neuorientierung. Das Glaubwürdigkeitsproblem der FDP sei nur zu beseitigen, "wenn wir unsere liberalen Positionen klar definieren und sie überzeugend vertreten".

Es sind drei Meinungen von vielen, die derzeit geäußert werden. Und es dokumentiert den Prozess der Erneuerung, den die Liberalen so dringend benötigen. Doch der Wähler sieht im Augenblick nur eins: eine Partei, die nach einem unglaublichen Höhenflug mehr als rasant abgestürzt ist und nun auf der Suche nach sich selbst ist. Ob die Streitereien um Personal und Themen allerdings Vertrauen schaffen, ist fraglich.

Der Vorschlag von Generalsekretär Christian Lindner, die acht alten Meiler abzuschalten, tut dabei sein Übriges dazu. Denn solch ein Schritt wäre für die Liberalen eine Kehrtwende, und ob dies als glaubwürdig beim Wähler ankommt, ist fraglich. Denn schon das Moratorium von Schwarz-Gelb sahen die Wähler lediglich als Wahlkampftaktik an.

Viele Meinungen - ein Thema

Noch schwieriger ist das Thema zudem, weil es in der Partei selbst unterschiedliche Meinungen dazu gibt. Gesundheitsminister Rösler etwa äußert sich zurückhaltend. Der "Neuen Presse" sagte er, Lindner habe einen Vorschlag gemacht, der ein wichtiger Diskussionspunkt sei.

Die Koalition aber habe sich ganz bewusst für das dreimonatige Moratorium entschieden. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger dagegen erklärte in der "Passauer Neuen Presse", die acht älteren Meiler dürften nicht wieder ans Netz gehen.

Und der sächsische FDP-Chef Holger Zastrow bezeichnete den Kurswechsel in der "Sächsischen Zeitung" als "völlig falsch". "Wenn wir als FDP nur der Mehrheitsmeinung hinterherrennen, dann kommt das einem Todesurteil gleich", so Zastrow. Die Partei solle aufhören, die eigenen Wähler zu verwirren.

Genau das dürfte wohl tatsächlich der eine oder andere Wähler empfinden. Denn das öffentliche Hin und Her innerhalb der FDP zeigt, dass noch längst nicht klar ist, welchen Weg die Liberalen in der Zukunft einschlagen wollen. Und solange wird es der Partei auch kaum gelingen, wieder Vertrauen beim Wähler aufzubauen.

Eine Kopie der grünen Inhalte jedenfalls wird wohl kaum der richtige und vor allem glaubwürdigste Weg sein. Konsequente und vor allem eine rasche Neuaufstellung schon viel mehr.

(mit Agenturmaterial)
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