Deutsche Schulden aus dem Weltkrieg Der lange Schatten von Versailles

Düsseldorf (RPO). Der Versailler Vertrag ist Geschichte. Geschichte, für die der deutsche Steuerzahler heute noch aufkommt. Die endgültige Abwicklung alter Lasten, die aus Reparationszahlungen nach dem ersten Weltkrieg resultieren, wurde durch das Londoner Schuldenabkommens von 1953 bis zur Wiedervereinigung aufgeschoben. Sollte eine brisante Klage Erfolg haben, kommen auf Deutschland und seine Bürger noch weitaus höhere Belastungen zu.

Der Erste Weltkrieg: Tod, Hunger und Zerstörung
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Düsseldorf (RPO). Der Versailler Vertrag ist Geschichte. Geschichte, für die der deutsche Steuerzahler heute noch aufkommt. Die endgültige Abwicklung alter Lasten, die aus Reparationszahlungen nach dem ersten Weltkrieg resultieren, wurde durch das Londoner Schuldenabkommens von 1953 bis zur Wiedervereinigung aufgeschoben. Sollte eine brisante Klage Erfolg haben, kommen auf Deutschland und seine Bürger noch weitaus höhere Belastungen zu.

Noch bis 2010 zahlt der Staat für Zinsen und Tilgung die alten Staatsanleihen, die nach dem ersten Weltkrieg zur Finanzierung der Reparationszahlungen an die Alliierten aufgenommen wurden, teilte die Finanzagentur GmbH mit, die für die Abwicklung von Deutschlands Staatsschulden verantwortlich ist. Den größten Teil der alten Schulden machen den Angaben zufolge Dawes- und die Young-Anleihen aus, die 1924 beziehungsweise 1930 zur Stabilisierung der deutschen Wirtschaft und der Erfüllung der finanziellen Verpflichtungen aus dem Vertrag von Versailles aufgelegt wurden.

Wer die Besitzer der Anleihen sind, weiß niemand, auch nicht die Finanzagentur. "Die sind im Streubesitz, darüber könnten wir nur spekulieren", heißt es dazu von dem bundeseigenen Finanzdienstleistungsunternehmen gegenüber unserer Redaktion. Auch, ob die Besitzer der Anleihen ihren Wohnsitz überwiegend im Ausland haben, konnte die Finanzagentur auf Anfrage nicht sagen.

Brisante Klage in New York

Bis zur Endfälligkeit im Jahr 2010 belaufen sich die Kosten der Bundesrepublik für Zinsen und Tilgung der alten Anleihen laut Finanzagentur auf insgesamt 193 Millionen Euro. Das gilt allerdings nur dann, wenn eine Klage von Anleihen-Besitzer vor einem New Yorker Gericht keinen Erfolg hat.

Wie "Börse Online" bereits im September berichtete, klagen sie gegen die Bundesrepublik und bestehen auf eine Goldklausel der Anleihen. Demnach können sich die Zeichner der Anleihe aussuchen, ob sie Geld oder lieber die Menge Gold, die damals dem Gegenwert der Anleihe entsprach, als Zahlung akzeptieren.

"Da der Goldpreis seit 1930 deutlich zugelegt hat, kann so eine 1000-Dollar-Young-Anleihe mehrere Millionen Dollar wert sein", zitiert das Börsen-Magazin den Sachverständigen für historische Wertpapiere, Hans-Georg Glasemann. Dabei waren die Anleihen-Scheine in den 70er Jahren auf Flohmärkten zu haben - teilweise für eine Mark. Damals glaubte kaum noch jemand an die Wiedervereinigung Deutschlands. Hätten die Kläger Erfolg, kämen auf den Bundeshaushalt horrende zusätzliche Kosten zu. Dem Bericht zufolge hat die Klage aber wenig Aussicht auf Erfolg.

Wie "Börse Online" weiter berichtete, zahlt nicht nur die Bundesrepublik für die Altlasten, auch die Deutsche Telekom muss als Rechtsnachfolgerin der Deutschen Reichspost noch bis heute für die alten Kriegsschulden-Anleihen geradestehen.

Bis 1952 hatte Deutschland den laut Finanzagentur rund 1,5 Milliarden Mark Kriegsschulden getilgt. 1953 wurden die entstandenen Zinsforderungen im Londoner Schuldenabkommen demnach wegen der Gebietsverluste Deutschlands bis zu einer Wiedervereinigung zurückgestellt. Am 3. Oktober 1990 seien dann die alten Forderungen wieder in Kraft getreten, die Laufzeit betrug 20 Jahren.

Die alte Kriegslast scheint die deutschen Behörden allerdings ähnlich zu verwirren wie die Öffentlichkeit: Bei der Finanzagentur GmbH verweist man darauf, zuständig für die Erfüllung der Ansprüche sei das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) in Berlin. Dort weist man jede Verantwortung aber weit von sich: "Zuständig ist die Finanzagentur", hieß es gegenüber unserer Redaktion.

(sdr)
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