Muslimische Feiertage in Hamburg Der Islam als Vertragspartner

Hamburg macht einen in Deutschland bisher einmaligen Schritt: Zwei Vereinbarungen mit muslimischen und alevitischen Verbänden definieren die Rolle des Islam in der Gesellschaft. Unter anderem geht es dabei um muslimische Feiertage. Eine Einordnung.

Muslimische Frauen beim abendlichen Fastenbrechen.

Muslimische Frauen beim abendlichen Fastenbrechen.

Foto: dapd, Markus Hibbeler

Als erstes Bundesland will Hamburg umfassende Verträge mit Islamverbänden schließen. Was aber bedeutet das? Wichtige Antworten.

Wer sind die Vertragsparteien?

Die Stadt Hamburg sowie der Landesverband der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib), der Rat der islamischen Gemeinschaften (Schura) und der Verband der islamischen Kulturzentren. Ein weiterer Vertrag wurde mit der alevitischen Gemeinde geschlossen. Die Bürgerschaft muss noch zustimmen.

Worum geht es überhaupt?

Um Stellung und Rolle des Islam. Der elfseitige Islam-Vertrag etwa enthält Artikel zu gemeinsamen Werten, Feiertagen, Bildung, Medien und zur Bestattung. Hamburg erkennt zum Beispiel islamische als kirchliche Feiertage an: das Opferfest zur Erinnerung an Abraham (Isaak-Opfer), das Ramadanfest zum Schluss des Fastenmonats und Aschura, an dem Schiiten und Aleviten des Imams Hussein gedenken. Der Aleviten-Vertrag nennt neben Aschura das Hizir-Fest zu Ehren des gleichnamigen Propheten und das Neujahrsfest Nevruz. Hizir wird im Februar, Nevruz im März gefeiert; alle anderen Feste wandern durch die Monate, weil sie sich nach dem islamischen Mondkalender richten.

Was bedeutet das konkret?

Ramadan- und Opferfest stehen als "gottesdienstliche Handlungen" auf einer Stufe mit Fronleichnam und Buß- und Bettag: Sie sind kirchliche, aber (in Hamburg) keine gesetzlichen Feiertage, also nicht für alle arbeitsfrei. Arbeitnehmer können sich zum Gottesdienstbesuch ihrer Religion freistellen lassen; Schüler können dafür vom Unterricht befreit werden. Arbeitnehmer müssen die verlorene Zeit nachholen, Schüler nicht.

Wie ist das in NRW geregelt?

Schüler können für bis zu drei Tage pro Jahr vom Unterricht befreit werden — bei mehrtägigen Festen (Ramadan- und Opferfest) soll einvernehmlich geklärt werden, für welchen Tag.

Wird der Islam jetzt bevorzugt?

"Der Vertrag gewährt keine ,Privilegien', sondern bestätigt bestehende Rechte, aber auch Pflichten", heißt es in den Erläuterungen der Hamburger Senatskanzlei. Auch Christen können sich etwa zu Fronleichnam freistellen lassen. "Die Muslime haben dort jetzt grundsätzlich das erreicht, was die christlichen Kirchen und die jüdische Gemeinde auch haben", sagt der Münsteraner Staatsrechtler Janbernd Oebbecke.

Werden die Islamverbände jetzt wie Kirchen behandelt?

Nein. Die Islamverbände sind weiter nicht als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisiert, sondern nur als Vereine. Sie können daher zum Beispiel keine Steuern erheben. Juristisch war das eine Klippe — repräsentieren die Vereine überhaupt "den" Islam? "Man brauchte einen Träger, der hinreichend groß ist, um die Muslime zu vertreten", sagt der Düsseldorfer Staatsrechtler Martin Morlok. Die drei muslimischen Verbände vertreten zusammen nach eigenen Angaben 90 Prozent der Muslime in Hamburg.

Ist das alles im Sinne des Grundgesetzes?

Zwar habe das Grundgesetz nur die christlichen Kirchen als Verhandlungspartner des Staates vor Augen gehabt, räumt Morlok ein: "Aber seine Formulierungen passen auf unsere Lebenswirklichkeit nicht mehr. Der Gegenstandsbereich hat sich mittlerweile erweitert." Sein Kollege Oebbecke pflichtet bei: "Hamburg zeigt, was man erreichen kann."

Werden muslimische jetzt auch gesetzliche Feiertage?

Das ist nicht vorgesehen. "Natürlich wäre es eine schöne Geste, den einen oder anderen muslimischen auch zum gesetzlichen Feiertag zu machen", sagt Morlok, fügt aber hinzu: "Ich bezweifele, dass das politisch durchsetzbar ist."

(RP/csi/rl)
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