Datenschutz Der gläserne Täter - ein Traum

Berlin (RP). Der gläserne Mensch - ein Alptraum. Der gläserne Verdächtige, der glasklar überführte Täter - ein Traum? Der Druck, diesen Traum so weit wie möglich Wirklichkeit werden zu lassen, nimmt zu. Nach der Union fordern auch immer mehr Politiker der SPD, den "genetischen Fingerabdruck", die DNS-Analyse, gleichzusetzen mit dem gewöhnlichen Fingerabdruck. Bundesinnenminister Schily inklusive.

Bundesjustizministerin Zypries allerdings exklusive. Verbrechen sollten im 21. Jahrhundert nicht mit Methoden des 20. Jahrhunderts bekämpft werden, drängelt SPD-Innenexperte Wiefelspütz. Die Forderung, dass nur ein Richter grünes Licht für die Erhebung der DNS-Daten geben sollte, hält er für unangebracht. "Das Bundeskriminalamt, das die Dateien führt, ist keine Filiale der Mafia, sondern eine Veranstaltung des demokratischen Rechtsstaates", so Wiefelspütz. Datenschützern gehen bei solchen Argumentationen die Nackenhaare hoch. Sie halten dagegen: Wenn Ermittlern unter Hinweis auf ihr Verantwortungsbewusstsein ohnehin freie Bahn eingeräumt werde, könne man gleich die Strafprozessordnung abschaffen.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, warnt im Gespräch mit unserer Zeitung vor überzogenen Entscheidungen. "Wer den Richtervorbehalt jetzt so schnell für verzichtbar erklärt und einer unterschiedslosen Speicherung von DNS von Straftätern das Wort redet, läuft verfassungsrechtlich in eine Sackgasse." Auch den Hinweis auf übermäßigen Zeitverlust durch den Richtervorbehalt lässt der Datenschutzbeauftragte nicht gelten. Die Entscheidungen der Richter fielen binnen weniger Stunden. Verzögerungen ergäben sich bei den Labors oder anderswo. Nur: Wo liegt der Unterschied zwischen dem gewöhnlichen und dem genetischen Fingerabdruck?

Die Darstellung, die DNS-Probe sei "der Fingerabdruck des 21. Jahrhunderts", ist aus Sicht Schaars ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen: In der DNS-Probe seien wesentlich mehr Informationen enthalten als im Fingerabdruck. "Selbst der so genannte nicht codierende Teil der DNS enthält entgegen der geläufigen Darstellung durchaus Angaben über bestimmte Krankheits-Veranlagungen und Eigenschaften wie Geschlecht, ungefähres Alter, grobe Herkunft", betont Schaar. Der oberste Datenschützer der Republik weiß die obersten Richter auf seiner Seite. "Die verfassungsmäßige Grenze ist klar: Es darf sich nicht um einen unverhältnismäßigen Eingriff handeln", so Schaar. "Deshalb kann und wird es die Gleichsetzung mit dem normalen Fingerabdruck nicht geben."

(Rheinische Post)
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