Kommentar Der Büßer Guttenberg

Düsseldorf · Eine der stärksten Geschichten im Neuen Testament ist die vom verlorenen Sohn. Einer, der alles verspielt hat und bereit ist, ganz kleine Brötchen zu backen, findet Gnade und kehrt zurück in die Familie. Wunderbar. Natürlich kennt Karl-Theodor zu Guttenberg die Stelle aus dem Lukas-Evangelium. Es ist das Gleichnis, das alle tief Gefallenen im Kopf haben, die auf ein Comeback hoffen.

Und Guttenberg hofft nicht nur. Er arbeitet daran, konzentriert wie kein Zweiter. Reue, Buße, Vergebung. Zwei Stationen des klassischen Dreischritts glaubt der nach der Plagiatsaffäre abgetauchte Ex-Verteidigungsminister in nur acht Monaten absolviert zu haben: In den USA, so hieß es, schreibe er an einer neuen Dissertation – Vater Enoch soll dies dem vorerst verlorenen Filius aufgetragen haben, auf dass die Familienehre wiederhergestellt werde.

Die Ermittlungen wegen Urheberrechtsverstößen sind nach Zahlung eines Bußgelds passé, Reue spricht aus allen Zeilen des Interviews, das der einstige "Bild"-Liebling jetzt der "Zeit" gab. Fehlt nur die Vergebung, der wichtigste Teil im uralten Drehbuch zum Happy End, das Finale, welches freilich kein Büßer selbst in der Hand hat. Es hängt ganz entscheidend davon ab, wie vollkommen die Demut des verlorenen Sohnes, der sich nichts mehr erhofft, überkommt. Bei Karl-Theodor zu Guttenberg darf sich nun jeder seine Meinung bilden.

(felt)
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