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Debatte um Gift-Anschlag Trittin fordert: Russische Führung behandeln wie Clan-Chefs

Berlin · In der Debatte um Konsequenzen aus dem Gift-Anschlag auf Nawalny verlangtGrünen-Außenpolitik-Experte Jürgen Trittin, in Europa angelegte Vermögen der russischen Führung einzufrieren. In Nato und EU gibt es bisher keinen einigen Plan, wie man nun auf Russland reagiert.

 Grünen-Außenpolitik-Experte Jürgen Trittin fordert, die in Europa angelegten Vermögen der russischen Elite einzufrieren.

Grünen-Außenpolitik-Experte Jürgen Trittin fordert, die in Europa angelegten Vermögen der russischen Elite einzufrieren.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)/Bauer, Hans-Jürgen (hjba)

In der Europäischen Union und in der Nato wächst der Druck, nach dem Giftanschlag auf den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny Konsequenzen folgen zu lassen. Wie dies geschehen könnte, darüber herrscht keine Einigkeit. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach sich für eine „unparteiische“ Untersuchung aus. Gleiches forderten mehr als hundert EU-Abgeordnete.Stoltenberg sagte auch, die 30 Nato-Mitglieder hätten den „entsetzlichen Mordanschlag“ auf Nawalny verurteilt. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier forderte Aufklärung.  Behauptungen, der Westen habe den Giftanschlag vorgetäuscht, wies Regierungssprecher Steffen Seibert als  „selbstverständlich unwahr“ zurück.

Unterdessen blieb die Debatte in Deutschland über Konsequenzen kontrovers. „Wenn Europa der politischen Führung in Russland einen Schlag versetzen will, sollte man auf Nawalny hören“, sagte der Grünen-Außenpolitikexperte JürgenTrittin unserer Redaktion. Nawalny habe nachgewiesen, dass der frühere russische Präsident Medwedew und andere sehr viel Vermögen in Europa angelegt hätten. „Diese Vermögen sollten eingefroren werden, bis die Betroffenen nachgewiesen haben, dass das Geld aus sauberen Kanälen stammt. Die sollen genauso behandelt werden wie jeder Clan-Chef in Neukölln“, forderte Trittin. Mit diesem Vorgehen könne man gegenüber Russland die Schrauben anziehen, ohne in Europa Kollateralschäden anzurichten. Zur Debatte um die Gaspipeline sagte Trittin: „Die Bundesregierung zögert beim Baustopp von Nord Stream 2 doch, da das die Frage nach  Schadensersatzzahlungen in zweistelliger Milliardenhöhe auslösen kann.“

Die beiden Bewerber um den CDU-Vorsitz, Norbert Röttgen und Friedrich Merz, sprachen sich beide dafür aus, den Bau der Gaspipeline Nordstream 2 zu stoppen. Röttgen forderte eine europäische Lösung. „Eine gemeinsame europäische Strategie gegenüber  Russland kann es nur geben, wenn Deutschland und Frankreich ihre Alleingänge aufgeben“, sagte Röttgen. Frankreich dürfe nicht länger auf eine bilaterale strategische Partnerschaft mit Russland setzen. „Der Dreh- und Angelpunkt für eine gemeinsame europäische Strategie ist, Nord Stream 2 nicht fertigzustellen.“ Die Zustimmung Deutschlands zu diesem russischen Projekt sei von Anfang an gegen die große Mehrheit der europäischen Partner erfolgt. Röttgen betonte, die EU sei eine Handelsmacht, und Putin sei existenziell darauf angewiesen, seine Energieressourcen international zu verkaufen. „Wenn Nord Stream 2 zu Ende gebaut würde, dann hätte die niederträchtige Vergiftung von Alexey Nawalny, die das Fass zum Überlaufen gebracht hat, keine Konsequenzen. Eine stärkere Ermutigung für Putins Politik ist nicht denkbar.“ NRW-Ministerpräsident Armin Laschet zeigte sich hingegen zurückhaltend. „Es ist heute nicht der Tag zu sagen: Wir müssen diese oder jene Maßnahme ergreifen.“

Während die Oppositionsparteien FDP und Grüne sowie Teile der Union einen Baustopp für die Gasröhre Nord Stream 2 fordern, herrscht in der SPD weitgehend Einigkeit an dem Projekt festzuhalten.  „Wir haben schon seit Jahren eine ganze Reihe an Sanktionen, die ich nie für besonders sinnvoll erachtet habe“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. „Ich kann nicht erkennen, dass sie einen positiven Effekt im Sinne eines anderen Verhaltens des Kreml hatten.“ Er sei deswegen sehr skeptisch, dass zusätzliche Sanktionen die davon erwünschte Wirkung entfalten werden. „Deshalb bin ich auch dagegen, den Ausbau von Nord Stream 2 zu stoppen“, sagte Weil. „Das würde nicht vor allem Russland schaden, sondern Deutschland selbst – wir würden uns also auf eine Art selbst sanktionieren.“ Stattdessen schlug Weil politischen Dialog und moralischen Druck vor, die eher zum Ziel führen würden. „Mit zusätzlichen Sanktionen ließe Russland sich nicht in irgendein anderes Verhalten zwingen. Da bin ich relativ sicher.“

(qua)
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