Debatte um Enteignungen Grüne uneinig - Kretschmann stellt sich gegen Habeck

Berlin · Deutliche Worte von Winfried Kretschmann: Baden-Württembergs grüner Regierungschef distanziert sich deutlich vom Enteignungsvorschlag seines Parteichefs Robert Habeck. Der sei unsinnig.

 Winfried Kretschmann (Archivbild).

Winfried Kretschmann (Archivbild).

Foto: dpa/Christoph Schmidt

„Die Debatten um Enteignung von Wohnungsbaugesellschaften führen wir mit Sicherheit nicht. Die sind unsinnig meiner Meinung nach“, sagte er am Dienstag in Stuttgart. Wenn man Wohnungsbaugesellschaften enteigne, müsse man sie entschädigen. „Das sind gigantische Summen.“ Das Geld stecke man besser in den Bau neuer Wohnungen.

Habeck hält Enteignungen prinzipiell für denkbar. „Enteignungen werden in Deutschland vor allem ideologisch diskutiert, sind aber eine im Grundgesetz vorgesehene Möglichkeit, die soziale Marktwirtschaft zu schützen. In einer Notlagensituation, wie wir sie heute in manchen Städten schon vorfinden, darf man kein Mittel ganz ausschließen.“ In Berlin werden derzeit Unterschriften für ein Volksbegehren über die Enteignung großer Wohnungsunternehmen gesammelt.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kritisierte die Pläne zur Enteignung von Wohnungsgesellschaften scharf. „Für mich ist das reiner Links-Populismus“, sagte er am Dienstag n-tv.de zu den Überlegungen unter anderem von Habeck. Mit der CDU werde es keine Enteignungen geben. „Diese DDR-Idee schafft nämlich keine einzige Wohnung.“

Der Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Anton Hofreiter, sagte, das Verhalten von FDP und Union sei „an Heuchelei und Bigotterie kaum mehr zu überbieten“. Um Braunkohletagebau zu ermöglichen, haben sie Tausende von Familien aus ihren Häusern vertrieben. Um Autobahnen durchzusetzen, haben sie Unmengen Bauern ihren Hof weggenommen. Wenn es aber darum geht, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und Menschen vor Abzocke durch Miethaie zu schützen, setzen sie auf ideologische Blockade.

„Die Wohnungsfrage hat inzwischen insbesondere in unseren Städten eine solche Sprengkraft angenommen, da kann man nicht mehr nur darauf vertrauen, dass es der Markt schon richten wird“, sagte Hofreiter weiter. „Deshalb ist für uns vollkommen klar: Wir brauchen jedes Jahr 100.000 neue bezahlbare Wohnungen.“

Die Spitze der Unionsfraktion nutzt die Äußerungen Habecks über Enteignungen zu einer weiteren Distanzierung von den Grünen. Es sei „schade, dass die Grünen wieder zur Verbotspartei werden“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Brömer (CDU). Er bezeichnete Habeck als „grünen Lifestyle-Politiker“, der eine banale linke Ideologie vertrete.

Als klugen Minister lobte Grosse-Brömer dagegen Hessens Wohnungsbauminister Tarek Al-Wazir (Grüne), der sich am Montag in der Debatte um bezahlbaren Wohnraum gegen eine Enteignung von Wohnungsgesellschaften ausgesprochen hatte.

(felt/dpa)
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