Absturz bei der Wahl in Berlin Debakel für die FDP setzt Rösler unter Druck

Berlin (RP). Als die ersten Prognosen zur Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses im Foyer der FDP-Parteizentrale über die Monitore laufen, jubeln einige Menschen überschwänglich. Es sind Anhänger der Gruppe "Die Partei" von Satiriker Martin Sonneborn. Sie hatten sich unter die Gäste im Thomas-Dehler-Haus gemischt und feiern das desaströse Zwei-Prozent-Ergebnis der Liberalen.

 FDP-Generalsekretär Christian Lindner musste zuletzt desaströse Wahlergebnisse hinnehmen.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner musste zuletzt desaströse Wahlergebnisse hinnehmen.

Foto: dpa-Zentralbild, dpa

Berlin (RP). Als die ersten Prognosen zur Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses im Foyer der FDP-Parteizentrale über die Monitore laufen, jubeln einige Menschen überschwänglich. Es sind Anhänger der Gruppe "Die Partei" von Satiriker Martin Sonneborn. Sie hatten sich unter die Gäste im Thomas-Dehler-Haus gemischt und feiern das desaströse Zwei-Prozent-Ergebnis der Liberalen.

Getrübte Stimmung dagegen in der FDP-Führung ein paar Stockwerke höher. Schon um 17 Uhr hatte sich FDP-Chef Philipp Rösler mit Vertrauten in seinem Büro getroffen, um die zu erwartende Niederlage zu beraten. Die Zahl zwei Prozent kursierte da bereits.

Das Ergebnis ist auch eine Niederlage für Rösler, der in der vergangenen Woche scharfe Töne in der Euro-Debatte angeschlagen und zugelassen hatte, dass die Berliner FDP die Landeswahl zu einer "Abstimmung über den Euro" umfunktioniert hatte.

FDP will nun über sich nachdenken

Der erhoffte Stimmungsumschwung blieb indes aus. "Ein Tiefpunkt und ein Weckruf zugleich", sei das Ergebnis, sagt ein sichtlich zerknirschter FDP-Generalsekretär Christian Lindner um kurz vor 19 Uhr. Die FDP müsse sich nun sammeln und Zeit finden, "über uns nachzudenken".

Von der umstrittenen Positionierung in der Euro-Debatte will die FDP aber nicht abrücken. "Daran halten wir fest." Auch Philipp Rösler werde seine Positionierungen in der Schuldendebatte nicht aufgeben, hieß es am Abend in seinem Umfeld. Das Wort "Insolvenz" im Zusammenhang mit Griechenland will Rösler künftig zwar vermeiden. Doch dass eine Staatspleite in Erwägung gezogen werden müsse, bleibe die liberale Position. Man wolle künftig aber dem Vorwurf des anti-europäischen Populismus mit klaren Vorschlägen zur Zukunft Europas begegnen.

Personelle Konsequenzen unwahrscheinlich

Rösler verteidigte seine umstrittenen Überlegungen entsprechend am Sonntagabend im Fernsehen bei Günther Jauch. "Wir müssen über alle Möglichkeiten diskutieren", sagte er. Der FDP-Chef bestritt dabei, seine Partei auf einen europaskeptischen Kurs bringen zu wollen: "Ich bin ein großer Anhänger der europäischen Idee." Die FDP müsse ihr Themenspektrum erweitern und dürfe sich nicht länger auf das Thema Steuersenkungen reduzieren lassen, forderte Rösler. Sie müsse sich wieder "um die ganz normalen Menschen kümmern". Worte, die man von Liberalen Spitzenkräften schon öfter gehört hat, ohne erkennen zu können, wie die Partei das denn umsetzen will.

Die FDP richtet sich derweil offensichtlich auf eine lange Zeit des Leidens ein. Rösler jedenfalls sieht seine Partei vor einem langen Weg aus der Krise. Die FDP "steht nicht besonders gut da", räumte Rösler bei Jauch ein. Der Weg der Partei aus dem Tief werde "seine Zeit brauchen", so der FDP-Chef. "Wir werden weiter daran arbeiten, dass die Ergebnisse besser werden", kündigte er an. "Da ist ja noch deutlich Spielraum nach oben."

Die FDP verordnet sich zunächst eine Ruhephase. "Wir dürfen den Streit in der Koalition nicht auf die Spitze treiben", sagt ein Präsidiumsmitglied. Unter FDP-Chef Philipp Rösler sind die Liberalen nun nacheinander in Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und in der Hauptstadt aus dem Parlament geflogen. "Natürlich ist der Vorsitzende angeschlagen", fasst ein FDP-Vorstand am Abend zusammen. Doch personelle Konsequenzen werde es in der Bundesspitze wohl trotzdem nicht geben.

Philipp Rösler ist erst seit wenigen Monaten im Amt. Ein erneuter Wechsel würde die Partei endgültig pulverisieren. Die derzeit einzige Hilfe für die Liberalen ist der Terminkalender. Die nächsten Wahlen finden erst im Mai 2012 statt.

(RP/dapd)
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