Datenschutz im Internet De Maizière will Persönlichkeitsrecht stärken

Berlin (RPO). Bundesinnenminister Thomas de Maizière will den Datenschutz im Netz verschärfen. Es geht ihm vor allem um Missbrauch von Geodaten. Dazu nimmt er auch die Internet-Branche in die Pflicht. Die hat ihm an diesem Mittwoch einen Kodex zur Selbstverpflichtung vorgelegt. Eine Website soll Usern als zentrale Informations- und Widerspruchsstelle dienen.

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Foto: AP

Dass de Maizère Persönlichkeitsrechte im Netz besser schützen will, ist schon länger bekannt. Bereits im September forderte er den Branchenverband Bitkom auf, Regeln zu entwickeln. Die Debatten über Facebook und Google Street View haben den Handlungsdruck in der Zwischenzeit eher erhöht. Nun gibt es erste Ergebnisse.

Im Bundesinnenministerium kursiert ein Gesetzentwurf. Veröffentlichungen, die einen besonders schweren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstellen, sollen künftig verboten werden.

De Maizière sprach bei der Vorstellung am Mittwoch in Berlin von einer roten Linie, die das Gesetz ziehen soll. Der Gesetzentwurf markiert demnach für Internet-Dienste, welche Grenze unter keinen Umständen überschritten werden darf. "Notwendig ist ein breiter Ansatz, der das gesamte Internet einbezieht und sich nicht nur auf einzelne Teilaspekte wie Geodaten oder gar nur auf Google Street View beschränkt", betonte er dabei.

Die Aufregung über Google Street View hält der Minister sowieso für übertrieben. "Das öffentliche Interesse ist gekippt", glaubt Bitkom-Chef August-Wilhelm Scheer.

Das vor knapp zwei Wochen gestartete Street View wird vor allem von Datenschützern kritisiert. Rund eine Viertel Million Bürger legte Widerspruch gegen die Veröffentlichung ihrer Häuser ein. Seitdem der Dienst gestartet ist, hat sich die Aufregung deutlich gelegt. Das Internetportal Facebook ist wegen seines Umgangs mit persönlichen Daten umstritten.

De Maizière warnt vor Gesichtserkennungsdiensten

In dem Gesetz zur Beschränkung des Internet sei die Latte bewusst hoch, erläutert der Minister. Das Internet solle grundsätzlich frei von staatlichen Restriktionen sein. Mit der roten Linie will de Maizère die Tatbestände markieren, die auch bei aller Liebe zur Freiheit für den gesetzgeber nicht akzeptabel seind.

So sollen laut de Maizière demnächst Veröffentlichungen von Daten verboten werden, die "geschäftsmäßig gezielt zusammengetragen, gespeichert und gegebenenfalls unter Hinzuspeicherung weiterer Daten ausgewertet wurden", die ein umfangreiches Persönlichkeits- oder Bewegungsprofil des Betroffenen ergeben können oder ihn in "ehrverletzender Weise beschreiben oder abbilden". Einzeldaten sind ok, nicht aber deren Verknüpfung, die Rückschlüsse auf eine Einzelperson dahinter zulassen. Im Datenschutzgesetz solle ein neuer Schmerzensgeldanspruch geschaffen werden.

Der CDU-Politiker warnte insbesondere vor sogenannten Gesichtserkennungsdiensten. "Es wird zunehmend technisch möglich sein, über eine integrierte Kamera eines internetfähigen Handys jedermann auf der Straße oder in einem Café aufzunehmen und anhand eines Fotos eine Sofortrecherche im Internet durchzuführen", sagte er. Hier gebe es gesetzgeberischen Handlungsbedarf.

Wikileaks als Warnung

Linke und Grüne kritisierten den Entwurf. Linke-Fraktionsvorstandsmitglied Jan Korte forderte Konkretisierungen. Grünen-Chefin Claudia Roth erklärte: "Es müssen klare Grundsätze für den Datenschutz gelten anstatt wie von de Maizière beschrieben nur eine ,rote Linie'."

Leutheusser-Schnarrenberger warnte Behörden und Unternehmen vor zu großen Datensammlungen. Je mehr zentral gesammelt würde, desto größer sei die Wahrscheinlichkeit, dass ein Leck zu Datenmissbrauch führt. Der Fall Wikileaks sei auch eine "Warnung zur Datensparsamkeit", sagte sie. Für ein Eingreifen des Gesetzgebers gegen die Internetplattform sehe sie allerdings keine Möglichkeit. Wikileaks hatte Anfang der Woche geheime US-Dokumente veröffentlicht.

Kodex für Geodatendienste

Derweil überreichte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer dem Innenminister eine Selbstverpflichtung der Internet-Branche. Im Zentrum des Kodex für Geodatendienste, der unter anderem von Google, Microsoft und Telekom erarbeitet wurde, stehe ein Internetportal für Informationen und Widersprüche. Über diese Website sollen Internet-Nutzer demnächst Widerspruchsrechte geltend machen können. Im Zweifelsfall soll allein schon eine E-Mail reichen, um die Abbildung von Häusern zu verhindern. Google hatte ein derartiges Widerspruchsrecht in einer ersten Reaktion auf die Proteste gegen Street View bereits im Sommer zugestanden.

Auf der zentralen Website gebe es auch Links, die direkt auf die Widerspruchsseiten aller beteiligten Anbieter verwiesen, kündigte Bitkom an. Der Vorschlag werde in den nächsten Wochen mit der Bundesregierung sowie den Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern diskutiert. De Mazière will ihn ausgiebig prüfen.

Das Verbraucherministerium begrüßte den Vorstoß. "Insbesondere müssen die Daten bei der geplanten Widerspruchsstelle sicher sein und dürfen nur zum Zweck des Widerspruchs genutzt werden", sagte ein Sprecher.

(apd/pst)
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