Opposition im neuen Jahr Auf der Suche nach einer neuen Rolle

Analyse | Berlin · Die Oppositionsparteien im Bundestag versuchen, mit politischem Schwung ins neue Jahr zu kommen. Wo stehen CDU, CSU, AfD und Linke? Das sind die Herausforderungen und Ziele für die vier Parteien.

Auch für die Opposition im Bundestag wird das neue Jahr ein langer, politischer Lauf. Derzeit wird Standortbestimmung betrieben.

Auch für die Opposition im Bundestag wird das neue Jahr ein langer, politischer Lauf. Derzeit wird Standortbestimmung betrieben.

Foto: dpa/Christoph Soeder

Sie gehören zum politischen Jahresanfangsritual – die Klausuren der Parteien. Standortbestimmungen, Themenplanungen, Positionierungen. Und manchmal ordentlich Radau, um auch wahrgenommen zu werden. Das gilt gerade für die Opposition aus CDU, CSU, AfD und Linken. Im neuen Jahr warten auch auf sie einige Herausforderungen. Wo stehen sie zum Start des Jahres?

CDU In den Umfragen liegt die Union derzeit stabil um die 30 Prozent und führt damit vor allen anderen. Parteichef Friedrich Merz verspricht freilich mehr – dass ihm das gelingen kann, muss er nun unter Beweis stellen. Die Arbeit am Grundsatzprogramm der CDU läuft derzeit auf Hochtouren. Erste Inhalte sollen in diesem Jahr durchdekliniert sein, das Endergebnis wird aber erst vor der Europawahl 2024 vorliegen. Nichtsdestotrotz braucht die Union bis dahin Alternativ-Positionen zur Ampel, etwa bei der Rente, der Sicherheitsarchitektur, auch in der Wirtschafts- und Energiepolitik. Damit Merz die Regierung zugleich als Oppositionsführer treiben kann. Darüber hinaus gilt es, Personal und Inhalte stärker miteinander zu verbinden. Nur wenige in der CDU performen gut neben Merz. Für ihn könnte das Jahr innerparteilich schwierig werden – im Osten bröckelt wieder die „Brandmauer“ zur AfD. Und im Westen geht es derzeit im Landesverband Rheinland-Pfalz drunter und drüber, nachdem der bisherige Fraktionschef Christian Baldauf die Brocken hingeschmissen hat. Um einige Machtworte könnte der Vorsitzende also nicht herumkommen. Ob sie auch wirken werden?

CSU Die Bayern leiden unter ihrem gesunkenen Einfluss in Berlin. Auch wenn es heißt, Landesgruppenchef Alexander Dobrindt arbeite gut mit Fraktionschef Friedrich Merz zusammen. Keine Ministerposten mehr bedeutet weniger Macht, weniger Mitsprache – und nichts mehr zu verteilen. Inhaltlich orientieren sich die Bayern jetzt wieder stärker in Richtung Innere Sicherheit. Über allem schwebt allerdings die Landtagswahl im Freistaat Anfang Oktober. Geht es in den Umfragen doch nicht weiter bergauf, wird womöglich auch die Schwesternliebe wieder erkalten. Attacke kann die CSU. Noch ziehen aber auch Markus Söder in München und Merz in Berlin an einem Strang. Der letzte Bundestagswahlkampf hat gezeigt, dass Streit zwischen den Schwestern nicht honoriert wird. Das weiß man. Aber wie wird sich das Verhältnis von CDU und CSU nach der Wahl entwickeln?

AfD Der heiße Herbst war ein laues Lüftchen, was die Proteste gegen die Energiepolitik der Regierung angeht. Trotzdem hat die AfD in den Umfragen gerade im Osten zugelegt. Schon träumt die Fraktionsvorsitzende Alice Weidel von einer Regierungsbeteiligung nach den Wahlen in Thüringen, Brandenburg und Sachsen. Sie finden freilich erst 2024 statt. Keiner weiß, ob sich bis dahin die internationale Lage zum Besseren gewendet hat. Die AfD macht vor allem das weiter, was sie immer schon gemacht hat: Fundamentalopposition und in vielem das Schlechte sehen. Inhaltlich müsste die Partei aber endlich mehr bieten. Und die Frage wird sein: Gelingt es den wenigen Gemäßigten noch, Einfluss zu nehmen?

Linke Die alten Probleme sind auch die neuen. In den Umfragen hängt die Partei im Keller, sie hat ihren Nimbus als Vertretung der sozial Schwachen verloren. Auch ihr heißer Herbst floppte. Überzeugende Gegenkonzepte fehlen. Hinzu kommt der Dauerstreit um Sahra Wagenknecht und ihre Positionen etwa in Sachen Einwanderung und Ukraine-Krieg. Die Leipziger Beschlüsse der Partei neulich dürften den Zoff nicht beenden. Die „Wagenknechte“ in der Bundestagsfraktion, wie ihre Unterstützer genannt werden, sollen sie weiter dazu drängen, eine eigene Partei zu gründen. Kommt es so, wäre dies das Ende der Linken in ihrer jetzigen Form. Ob sich das Rätsel einer Wagenknecht-Partei im neuen Jahr auflösen wird?

(has)
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