Colibri-Manöverbericht (5) Das Ende von „Dirty Harry“

Düsseldorf (RPO). Die Fallschimjäger haben nach heftigem Feuergefecht das Rebellenlager gestürmt und "Dirty Harry", die schmutzige Bombe mit Plutonium, entschärft. Wie sind sie vorgegangen, wie schnell erfolgte der Zugriff? Das darf und will ich an dieser Stelle nicht verraten. Schließlich soll die Aktion im Ernstfall genau so gut klappen und ein potentieller Gegner nicht vorgewarnt sein. Taktisch war der Angriff für den deutschen Bataillonskommandeur jedenfalls eine große Herausforderung, musste er doch eine belgische und eine französische Kompanie integrieren, die sich vorher nicht kannten.

Helmut Michelis beim Colibri-Manöver
20 Bilder

Helmut Michelis beim Colibri-Manöver

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Wer die belgischen Commados bei ihrem Vorgehen beobachtet hat, der muss feststellen: Irgendwie beruhigend, dass sie auf unserer Seite sind. Der legendäre Film-Rambo ist ein Babysitter dagegen. Brigadegeneral Volker Bescht, Kommandeur der gastgebenden Luftlandebrigade 26, bemerkte die kleinen Fehler im Ablauf natürlich genau, zeigte sich aber insgesamt sehr zufrieden mit dem Ablauf von "Colibri 42". "Es ging uns nicht nur darum, die unterschiedlichen taktischen Einsatzgrundsätze abzugleichen, sondern auch darum, sich kennenzulernen und Vertrauen zu schaffen." Das sei für einen möglichen gemeinsamen Einsatz besonders wichtig. Bescht geht davon aus, dass beim nächsten Mal auch die Briten mitmachen, die diesmal mit zwei aufmerksamen Bobachtern vertreten waren.

Fallschirmjäger aller Nationen sind durch Einsätze besonders stak belastet. So war und ist die deutsche Brigade als "Speerspitze der Bundeswehr" an fast allen Brennpunkten vertreten, zu denen Deutschland Soldaten entsendet. Daum findet das Manöver "Colibri" nur noch alle wie Jahre statt, sei aber — so Bescht — als gemeinsame, auf Spezialkräfte zugeschnittene Übung nach wie vor wichtig.

"General mit Lucie im Wald" — für eine Sensationsschlagzeile taugt diese Nachricht ebenso wenig wie zur Beunruhigung der Frau von Volker Bescht. Lucie ist nämlich keine junge Dame, sondern die Nachtsichtbrille der Bundeswehr. Der Kommandeur stapfte nachts mit seinen Soldaten durch den finsteren Wald und beobachtete ihr Vorgehen. Dabei wurde es — Städter können sich das kaum vorstellen — lausig kalt; zu allem Überfluss regnete es zwischen drei und fünf Uhr wie an Bindfäden. Schon wegen der körperlichen Erschöpfung und zunehmenden Ermüdung lässt sich ein solches Training wie bei Colibri nicht am Computer simulieren. Wohl auch nicht, dass allein ein nervös aufsteigender Vogelschwarm eine sich im Wald anschleichende Infanteriegruppe böse verraten kann.

Im Saarland bieten unterdessen noch immer die frisch gedüngten Felder Gesprächsstoff, auf denen einige Fallschirmjäger landen mussten. "Papi, bist du auch in der Gülle gelandet?", musste sich Hauptmann Michael Reimsbach aus Wadgassen bei Saarlouis von seiner Tochter Laura (9) fragen lassen, als er kurz zu Hause vorbeischaute. Ob Radio oder Boulevardzeitung - die regionalen Medien hatten sich es anrüchigen Themas genüsslich angenommen. Hoffentlich revanchieren sich die französischen Kameraden nicht bei "Colibri" in Frankreich ...

Heute Abend endet der offizielle Teil des Manövers mit einem feierlichen Abschlussappell und einem "Dienstabschlussbier" in der Kaserne. Dann ist erst einmal langes Ausschlafen angesagt. Gelangweilt hat sich bei Colibri" wohl nur einer: der Soldat am offiziellen Bürger-Beschwerdetelefon in Merzig. Denn er musste nur ein einiges Mal wegen einer angeblichen Fluglärmbelästigung zum Hörer greifen. Ansonsten wollten die anderen Anrufer nur wissen, wo sie denn mal "ihre" Fallschirmjäger "live" erleben könnten. "Colibri" sei doch Anlass für einen schönen Familienausflug.

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