Joachim Gauck zum 70. Jahrestag der Befreiung Leningrads "Das Ausmaß des Leids macht uns noch immer fassungslos"

Berlin · Bundespräsident Joachim Gauck hat in einem Schreiben an den russischen Präsidenten Wladimir Putin seine "tiefe Trauer und Scham" über den Vernichtungskrieg Nazi-Deutschlands gegen die Sowjetunion ausgedrückt.

 Joachim Gauck hat an Wladimir Putin geschrieben.

Joachim Gauck hat an Wladimir Putin geschrieben.

Foto: dpa, Maurizio Gambarini

Gauck schrieb anlässlich des 70. Jahrestags der Befreiung Leningrads durch die Rote Armee am 27. Januar 1944, auch in Deutschland sei die Erinnerung an diese unbarmherzige Belagerung lebendig: "Deutschland ist sich seiner geschichtlichen Verantwortung für das Leid, das den Einwohnern Leningrads angetan wurde, und für die brutale Kriegsführung seiner Soldaten, Einsatzgruppen und SS-Formationen bewusst."

Gauck fuhr fort: "Ich sage Ihnen und Ihrem Volk: Wir teilen den Schmerz um die Opfer und wir fühlen mit den Überlebenden, die bis heute unter den Folgen des Krieges leiden." Er erinnere sich mit den Bürgerinnen und Bürgern Sankt Petersburgs "des Martyriums so vieler Unschuldiger, so vieler Frauen, Männer und Kinder, die bewusst dem Hungertod ausgesetzt wurden", schrieb Gauck weiter. "Das ungeheure Ausmaß des menschlichen Leids macht uns immer noch fassungslos."

Der Zweite Weltkrieg habe tiefe Wunden im Verhältnis zwischen Deutschland und Russland hinterlassen. "Es bleibt unsere Aufgabe, die Erinnerung an das Leid, das Deutsche Russen angetan haben, wachzuhalten", so der Bundespräsident. "Doch diese Erinnerungen helfen uns auch, jeden Schritt der deutsch-russischen Versöhnung besonders hoch einzuschätzen." Gegenseitiges Verstehen schaffe neue Brücken, Wahrheit und Menschenliebe könnten Hass und Feindschaft überwinden. "In diesem Sinne wollen wir mit all unserer Kraft weiter an einem gemeinsamen Europa bauen."

Gauck verwies darauf, dass der Bundestag in diesem Jahr seine Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar auch der Erinnerung an die Toten und Traumatisierten der Belagerung von Leningrad widmet. In der Gedenkstunde am Nachmittag spricht der 95-jährige Schriftsteller Daniil Granin, der die Belagerung Leningrads überlebt hat.

Der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus wird jährlich am 27. Januar begangen, dem Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee im Jahr 1945. Die zweieinhalb Jahre dauernde Blockade Leningrads endete ein Jahr zuvor.

(AFP)
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