Die wichtigsten Fragen zum Panzer-Deal Darf man das? Wer entscheidet? Wer profitiert?

Berlin/Düsseldorf (RPO). Darf Deutschland den modernen Kampfpanzer an Saudi-Arabien liefern? Wie hat der Bundessicherheitsrat in der Vergangenheit entschieden, und was ist bei diesem sich anbahnenden Geschäft unbedingt zu berücksichtigen? Die wichtigsten Fragen zum möglichen Milliarden-Deal.

Tahrir-Platz: Menschen blockieren die Panzer
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Soll Deutschland tatsächlich 200 hochmoderne Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 an Saudi-Arabien liefern? Der geheim tagende Bundessicherheitsrat hat sich mit dieser Frage beschäftigt und offensichtlich keine grundsätzlichen Bedenken geäußert. Welche Aspekte bei dem Panzergeschäft im Milliardenformat zu berücksichtigen sind, zeigt die folgende Übersicht.

Wer entscheidet über die Panzer-Lieferung?

Der Bundessicherheitsrat ist ein Kabinettsausschuss, der die deutsche Sicherheitspolitik koordinieren soll. Er tagte beispielsweise nach den Anschlägen vom 11. September und besprach die Konsequenzen für Deutschland. Vertreten sind das Kanzleramt, das Wirtschafts-, das Verteidigungs-, das Außen- und seit rot-grünen Zeiten auch das Entwicklungsministerium. Sämtliche Waffenexporte in kritische Gebiete kommen vor den Bundessicherheitsrat.

Warum sind deutsche Panzer so beliebt?

Gerade die Leopard-2-Kampfpanzer sind weltweit begehrt, weil sie im Gefecht besonders beweglich, schwer zu zerstören, aber selbst von hoher panzerbrechender Feuerkraft sind. Typisch für den Leopard 2 ist der computergesteuerte Gefechtsturm, der Unebenheiten im Gelände selbst bei voller Fahrt permanent ausgleicht, so dass er bei hoher Trefferwahrscheinlichkeit jederzeit feuerbereit bleibt. Die beiden Herstellerfirmen Rheinmetall (Düsseldorf) und Krauss-Maffei Wegmann (München) haben das Grundmodell zudem ständig neuen Herausforderungen angepasst.

Was ist das Besondere der neuen Panzer-Version?

Der Leopard 2 A 7+ ist die Antwort der Rüstungsindustrie auf die Verlagerung der bislang symmetrischen Gefechte hin zu asymmetrischen Konflikten: Nicht mehr das Aufeinandertreffen hochgerüsteter Armeen ist der typische Waffengang des 21. Jahrhunderts, sondern die Auseinandersetzung mit Aufständischen wie im Irak oder in Afghanistan. Daraus ist beim 2 A 7+ die Konsequenz gezogen worden, dass auch Kampfpanzer weniger in der Bekämpfung von Distanzzielen zum Einsatz kommen, sondern mehr in schwer zu überschauenden dörflichen Situationen. Der neueste Leopard verfügt über einen Räumschild, mit dem etwa Barrikaden oder Autowracks beiseite geschoben werden können. Die Seiten sind zusätzlich gegen den Beschuss mit Handfeuerwaffen oder Granaten aus dem Hinterhalt gesichert. Nachtsicht- und Wärmebildgeräte machen ihn rund um die Uhr einsetzbar, zusätzliche Kommunikationsvorrichtungen erleichtern seinen Einsatz im Verbund mit Infanteriekräften.

Weswegen erscheint eine Lieferung nach Saudi-Arabien problematisch?

Die technische Ausstattung des Leopard 2 A 7+ prädestiniert ihn für einen Einsatz gegen Aufständische. Das Herrscherhaus hat sich in der Auseinandersetzung um die Demokratisierung der nordafrikanischen und arabischen Länder bislang auf die Seite der alten Feudalordnungen geschlagen. Widerstand im eigenen Land versucht es derzeit, mit neuen Geschenke-Wellen zu kanalisieren. Dazu greift das Regime tief in die mit Petrodollar reich gefüllte Staatsschatulle. Wo aber die alte Ordnung akut in Gefahr ist, wie im befreundeten Bahrain, setzen die saudischen Herrscher auch militärische Mittel ein.

Wie ist Deutschland in der Vergangenheit mit Rüstungsexporten umgegangen?

Seit Gründung der Bundesrepublik galt der Vorsatz, nicht in Spannungsgebiete zu liefern. Dazu gehörte typischerweise der Nahe Osten. Wegen der besonderen Verpflichtungen Deutschlands für den Bestand Israels wurde das Partnerland davon häufig ausgenommen. Bestanden in Jerusalem keine Bedenken, kamen auch andere Länder der Region in Frage. So gab es bereits in den 90er Jahren grünes Licht für die Lieferung von Fuchs-Transportpanzern nach Saudi-Arabien – freilich waren damit unappetitliche Spenden- und Schmiergeldgeschichten verbunden. Der Langzeit-Außenminister Hans-Dietrich Genscher schuf den Grundsatz "Alles, was schwimmt, geht" – und formulierte damit die Erwartung, dass auch in Krisengebieten Schiffe kaum gegen Demonstranten eingesetzt werden. Sehr schwer tat sich Rot-Grün 1999 mit einer Exportgenehmigung für Leopard-Panzer an die Türkei, genehmigte aber auch Panzerlieferungen an Israel und in den Irak.

Was bedeuten Rüstungsgeschäfte für die Industrie?

Rheinmetall in Düsseldorf ist mit zwei Milliarden Euro Rüstungs-Umsatz der mit Abstand größte deutsche Rüstungskonzern. Seine Rüstungsgewinne stiegen im vergangenen Jahr von 215 auf 234 Millionen. Obwohl die Rüstungsausgaben derzeit nur um 1,3 Prozent jährlich steigen und damit weit unter dem langjährigen Durchschnitt von fünf Prozent liegen, sprudeln die Gewinne weiter. Die Rüstungskunden sparen lieber an Soldaten als an modernen Waffen.

(RP)
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