Grünen-Parteitag in Freiburg Dämpfer für Roth, Özdemir holt Traum-Ergebnis

Freiburg (RP). Auf einem äußerst harmonischen Parteitag haben die Grünen ihre beiden Parteivorsitzenden im Amt bestätigt. Parteichefin Claudia Roth musste mit nur 79,3 Prozent der Stimmen einen leichten Dämpfer hinnehmen. Noch vor zwei Jahren gaben ihr die Delegierten knapp 83 Prozent Zustimmung. Roth erhielt beim Parteitag Kritik für ihren Einsatz für die Olympischen Winterspiele in München 2018.

Griffige Zitate vom Parteitag der Grünen
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Foto: dapd

Ein Traum-Ergebnis erzielte hingegen Parteichef Cem Özdemir mit 88,5 Prozent der Delegierten-Stimmen. Özdemir, der bei den Grünen den Kurs der Eigenständigkeit und prinzipiellen Bündnisfähigkeit zu allen Seiten durchgesetzt hatte, hat sich damit um fast zehn Prozent gesteigert. Noch vor zwei Jahren votierten nur 79,2 Prozent der Delegierten für ihn.

Özdemir, der bislang als Anhänger von Schwarz-Grün und mit sehr realpolitischen Standpunkten aufgefallen ist, hat bei diesem Parteitag die linke Flagge gehisst. Er kritisierte, dass zehn Prozent der Bevölkerung 60 Prozent des Vermögens besäßen. "Deshalb fordern wir eine Vermögensabgabe." Er sprach sich auch dafür aus, dass Einkünfte aus Kapital und Arbeit künftig in gleicher Höhe besteuert werden sollten.

Cem Özdemir heißt jetzt Che

In der Bildungspolitik machte er deutlich, dass sich die Grünen von ihrer Niederlage bei dem Volksentscheid über die Gymnasien in Hamburg nicht beirren lassen wollten. "Unabhängig von Hamburg halten wir an dem Traum fest, dass Kinder länger gemeinsam länger lernen sollen."

Der Parteichef positionierte sich beim Parteitag so eindeutig links, dass im Saal schon gewitzelt wurde. Özdemir werde sich in Zukunft mit Vornamen nicht mehr Cem, sondern vielmehr Che in Anlehnung an Che Guevara nennen.

2011 soll das Jahr der Grünen werden

Die alte und neue Grünen-Chefin Roth schwor ihre Partei auf einen intensiven Wahlkampf im kommenden Jahr ein: "Wir können es schaffen, dass 2011 das erfolgreichste Jahr in unserer Parteigeschichte wird", sagte Roth. Mit Blick auf die Spitzenkandidaten bei den Landtagswahlen in Berlin und Baden-Württemberg, Renate Künast und Winfried Kretschmann, betonte sie, ihre Partei spiele "auf Sieg und nicht auf Platz".

Die Grünen könnten zudem erreichen, dass "auch die letzten weißen Flecken auf der grünen Landkarte" verschwinden. "Ich möchte weiter kämpfen mit Euch für den nächsten großen Schritt." Die Bundesregierung kritisierte Roth als "Ausgeburt an Hochmut und Rücksichtslosigkeit". Die "Gegenwehr" der Bürger mache aber deutlich, Deutschland stehe am Anfang vom "notwendigen Ende" der Kanzlerschaft von Angela Merkel (CDU) und ihrer schwarz-gelben Koalition.

Vergiftete Gratulation

Insgesamt zeigen sich die Grünen ungewohnt streitunlustig. Für die Wahl des Parteitrats, dem wichtigsten Gremium der Partei, gibt es zum ersten Mal nur so viele Kandidaten, wie auch Plätze vorhanden sind. Obwohl dies an die Verfahren auf Parteitagen von CDU und SPD erinnert, wehren sich die Grünen vehement dagegen, als "Volkspartei" bezeichnet zu werden. "Warum sollen wir anstreben, Volkspartei zu werden, wenn der Stern der Volksparteien gerade sinkt", meinte eine Bundestagsabgeordnete am Rande des Parteitags.

SPD-Chef Sigmar Gabriel gratulierte Roth und Özdemir umgehend zu ihrer Wiederwahl, sprach den Grünen aber zugleich die Fähigkeit ab, eine Regierung zu führen. "Die Wähler in Baden-Württemberg wollen am Ende keine Partei an der Spitze der Regierung, die immer nur Bahnhof versteht", sagte er. Er warf seinem möglichen Koalitionspartner zudem Populismus vor: "Die Grünen wollen bei jedem Konflikt dabei sein, aber keinen Konflikt entscheiden." Das helfe im Wahlkampf, aber nicht beim Regieren.

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt bezeichnete die Grünen als "Hauptgegner bürgerlicher Politik". In den vergangenen 30 Jahren habe sich die Partei wenig geändert. "Die Turnschuhe und Pullover sind getauscht worden gegen Anzug und Krawatte, aber drin stecken immer noch die gleichen Steinewerfer und Brandstifter wie damals", sagte er. Als Beleg nannte der CSU-Politiker die Proteste der Grünen gegen die Castor-Transporte und "Stuttgart 21". Er betonte: "Die Grünen versuchen im Moment, unsere Demokratie zu schottern."

Der dreitägige Grünen-Parteitag geht am Sonntag zu Ende.

(RP/dapd)
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