Entlassene Kieler Minister räumen Büros "Da brennt die Hütte, und die Feuerwehr macht Siesta"

Kiel (RPO). "Ich komme mir vor wie ein Student, der aus der Wohngemeinschaft geschmissen wird." Der frisch entlassene schleswig-holsteinische Justizminister Uwe Döring (SPD) packt am Dienstag seine persönlichen Sachen in Apfelsinenkartons. Privat hat er einen Transporter gemietet, um die Fahrbereitschaft der Landesregierung nicht mehr in Anspruch nehmen zu müssen. Wie ihm geht es auch den anderen Kabinettsmitgliedern aus den SPD-geführten Ministerien - Innenminister Lothar Hay, Sozialministerin Gitta Trauernicht und Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave.

Das ist Peter Harry Carstensen
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Dass er nach dem Koalitionsbruch seinen Posten räumen muss, damit habe er gerechnet, sagt Döring der Nachrichtenagentur AP: "Als Minister weiß ich, dass ich einen Job mit täglicher Kündigungsfrist habe". Die Art und Weise der Entlassung durch Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) habe ihn jedoch erstaunt. "Möglichweise lernen wir jetzt die dunklen Seiten des Ministerpräsidenten kennen, von denen wir bislang noch nichts geahnt haben", sagt er.

Die Entlassung der sozialdemokratischen Minister und der Staatssekretäre werde zu einem dreimonatigen Stillstand in den Ministerien führen, sagte Döring: "Das ist höchst bedauerlich." Denn in der Arbeitsmarktpolitik seien Entscheidungen nötig. "Da brennt die Hütte, und die Feuerwehr macht Siesta", beklagt er. Zum Jahresende werde die Wirtschaftskrise ihre volle Wucht auf dem Arbeitsmarkt entwickeln.

"Ich kann den Fernseher auch ausschalten"

Auch wegen der Entwicklung der staatlichen HSH-Nordbank mache er sich Döring große Sorgen. "Wir werden noch in diesem Jahr erhebliche Turbulenzen erleben, wenn die Stressszenarien Wirklichkeit werden", sagte er. Er gehe davon aus, dass die Kernkapitalquote der Bank unter die von der Bankenaufsicht BaFin geforderte vier Prozent-Marke sinke, sagt Döring und erinnert an nicht ausreichend berücksichtigten Risiken in der Schiffbaufinanzierung.

Döring, der anders als Hay, Erdsiek-Rave und Trauernicht nicht zugleich auch Landtagsabgeordneter ist, gewinnt seinem Rauswurf auch einen gute Seite ab. Am Donnerstag, wenn im Landtag über die Vertrauensfrage abgestimmt wird, könne er ausschlafen und dann um 10.00 Uhr die Landtagsitzung am Bildschirm verfolgen. "Und das Beste ist: Ich kann den Fernseher auch ausschalten."

(AP/top)
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