Gleichstelltung der Homo-Ehe CSU warnt CDU vor "Kehrtwende"

Berlin · Kaum waren die Nachrichten vom Umdenken der CDU-Spitze in Sachen Homo-Ehe in der Welt, schwangen sich die Modernisierer bei der Union zum medialen Applaus auf. Doch die Konservativen tun sich äußerst schwer.

 Innenausschussvorsitzender Wolfgang Bosbach (CDU) verwies auf einen „klaren Parteitagsbeschluss zum Thema Ehegattensplitting“.

Innenausschussvorsitzender Wolfgang Bosbach (CDU) verwies auf einen „klaren Parteitagsbeschluss zum Thema Ehegattensplitting“.

Foto: Miserius, Uwe

Sie haben nicht nur selbst Bauchschmerzen bei dem Gedanken, nach Atomkraft und Wehrpflicht nun auch noch die letzte Bastion, das Familienbild, eigenhändig zu schleifen. Sie sorgen sich um die Botschaft der Union für ihre Stammwähler. Dahinter steht auch ein Streit um das richtige Wahlkampfkonzept.

Die Freude über den Beginn des SPD-Wahlkampfes könnte in der CDU-Zentrale seit Monaten kaum größer sein. "Schwach gestartet, stark nachgelassen", lautet die von Generalsekretär Hermann Gröhe gefundene Lieblingszeile aus der Abteilung "Gegnerbeobachtung". Daraus folgt für die Strategen im Adenauer-Haus: Die SPD-Anhänger bloß nicht von ihrer Enttäuschung über den eigenen Kandidaten ablenken.

Zweimal hat Angela Merkels Wahlkampfteam bereits Erfolg mit dem Konzept der "asymmetrischen Demobilisierung" gehabt. Das ist die Formel für das Wahlziel, dass mehr Anhänger der anderen nicht zur Wahl gehen als eigene Fans. Schwupps, hat man gewonnen.

Die Argumentation der CDU: Nie lag der wahrscheinliche Erfolg dieses Ansatzes näher als bei einem SPD-Kanzlerkandidaten, der die eigenen Anhänger nicht zu überzeugen vermag. Die könnten sich nur aufraffen, doch für ihn zu stimmen, wenn sie sich von der CDU dazu provoziert fühlen.

Deshalb räumt die CDU-Chefin derzeit Konfliktthemen am laufenden Band ab: Der Mindestlohn, ein Lieblingsprojekt der SPD, soll noch vor dem Sommer durchgewunken sein. Und nun soll die Christdemokratie auch in Sachen Gleichberechtigung gleichgeschlechtlicher Paare nicht mehr im Weg stehen und immer wieder neu vom Verfassungsgericht einen Schritt weitergeschubst werden.

Doch diese Vorstellung graust die CSU und die konservativen Kräfte in der CDU. "Es gibt keinen Kuschelwahlkampf, es gibt klare Kante", lautete die Vorgabe von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt schon zum Jahresauftakt. Und im Auftrag seines Chefs, Ministerpräsident Horst Seehofer, verkündet er landauf landab, dass es darauf ankomme, die CSU-Stammwähler von der "klaren Alternative zu den linken Gesellschaftsmodellen" zu überzeugen.

CSU-Rechtspolitiker Norbert Geis kann sich zwar im Steuerrecht vorstellen, im Nachklapp zum Karlsruher Urteil auch zu einem Wechsel vom Ehegatten- zum Familiensplitting zu kommen, wenn denn die jetzt betroffenen Ehen einen "Bestandsschutz" bekämen. Doch bei der völligen Gleichstellung von Schwulen und Lesben im Adoptionsrecht verweigert er den Kurswechsel. Hier dürfe man "nicht vom gleichgeschlechtlichen Partner aus denken", gibt er im Gespräch mit unserer Redaktion zu Protokoll.

Wichtig sei es vielmehr, zuerst das Interesse des Kindes im Auge zu behalten. Und da sei es "immer noch besser, wenn es mit Mutter und Vater zu tun hat, statt mit Papa und Papa und Mama und Mama", so Geis. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt flankiert die Bedenken. Es gebe "keinen Grund für einen Schnellschuss oder gar eine Kehrtwende", stellte sie fest.

Der konservative "Berliner Kreis" tritt ebenfalls auf die Bremse. Sein Mitglied, Innenausschussvorsitzender Wolfgang Bosbach, spricht von "Irritationen im Kollegenkreis" und verweist darauf, dass es einen "klaren Parteitagsbeschluss zum Thema Ehegattensplitting" gebe. Bosbach geht sogar in die Offensive: "Sollte es im Kern darum gehen, strittige Positionen zu räumen, um im Wahlkampf möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten, dann stellt sich die Frage, ob auch an andere Kurskorrekturen gedacht wird, beispielsweise beim Thema doppelte Staatsangehörige und EU-Mitgliedschaft der Türkei."

Was Bosbach selbst davon hält? "Die Union muss gegenüber der politischen Konkurrenz immer die klare politische Alternative sein, nicht nur eine Variante anderer Parteien."

(may-)
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