Nach britischer Entscheidung für Volksabstimmung zur EU-Verfassung CSU und Grüne wollen EU-weites Referendum

München (rpo). Nachdem der britische Premierminister Tony Blair am Dienstag im Parlament ein Referendum zur geplanten EU-Verfassung ankündigte, mehren sich auch in Deutschland die Stimmen, die Volksabstimmungen befürworten.

Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwochausgabe) bringen Grüne und CSU eine EU-weite Abstimmung ins Gespräch. Die FDP hingegen fordert ein Referendum auch in Deutschland. Die Bundesregierung dagegen lehne eine Volksabstimmung über die künftige EU-Verfassung ab, zeige sich aber grundsätzlich offen für eine stärkere Mitsprache der Bürger.

Regierung: Es bleibt beim parlamentarischen Verfahren

Vize-Regierungssprecher Thomas Steg wies ein deutsches Vorgehen nach britischem Vorbild zurück. "Es gibt keine Überlegungen, von dem bewährten parlamentarischen Verfahren abzuweichen", sagte er dem Blatt. Mit Blick auf die Bestrebungen in der rot-grünen Koalition für mehr Volksbeteiligungen fügte er hinzu, dass man für Debatten über Plebiszite offen sei. Diese sollte aber nicht mit der Entscheidung über eine EU-Verfassung vermengt werden.

SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz bedauerte in der Zeitung, dass die Deutschen nicht über einen Verfassungsvertrag abstimmen können. Jetzt sei es nicht mehr praktikabel, das Verfahren zu wechseln. Er kündigte für dieses Jahr neue Vorstöße für mehr Volksbeteiligung an.

Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sagte, die europäische Verfassung müsse in Deutschland "nicht unbedingt" durch ein Referendum legitimiert werden. Zwar sei seine Partei generell für eine Stärkung des Plebiszits. Es wäre jedoch "sinnvoll", wenn es für ein Referendum eine europäische Strategie gäbe, sagten Bütikofer und Grünen-Fraktionschefin Krista Sager.

CSU-Generalsekretär Markus Söder verwies auf die Absprache zwischen CDU und CSU, wonach es kein Plebiszit über die Verfassung geben soll. "Im Lichte der britischen Entscheidung sollte man aber über eine Abstimmung in ganz Europa nachdenken", sagte er. Aus Sorge um die Verfassung mahnte CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer die britischen Konservativen, das Votum nicht zu einer Abstimmung über die britische Innenpolitik zu machen.

FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt forderte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) auf, sich am britischen Premier Tony Blair ein Beispiel zu nehmen. "Ein Referendum führt immer dazu, dass ein Thema breit in der Öffentlichkeit diskutiert wird", sagte er. Auch die PDS forderte eine Volksabstimmung.

In Deutschland müssen Bundestag und Bundesrat einer EU-Verfassung mit Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen.

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