Union „Volle Rückendeckung“

Berlin · Nach dem Abgang von Merkel und Seehofer beginnt für die Union eine neue Phase, sagt Söder. Die Konkurrenz zu Kramp-Karrenbauer ist aber schon da.

 Markus Söder und Annegret Kramp-Karrenbauer

Markus Söder und Annegret Kramp-Karrenbauer

Foto: AFP/JOHN MACDOUGALL

Annegret Kramp-Karrenbauer sagt es ohne einen Hauch von Spott, sie muss sich nicht einmal ein Lachen verkneifen. Dabei bemüht die CDU-Vorsitzende einen Superlativ, der eigentlich herausragenden, einmaligen Ereignissen innerhalb einer sehr langen Zeitspanne vorbehalten ist. Jedenfalls keiner schnöden Telefonschalte.

Die Saarländerin sagt es am Dienstag bei ihrem ersten gemeinsamen Auftritt mit dem Bayern Markus Söder nach dessen Wahl zum CSU-Chef  trotzdem so: „Nachdem wir gestern historischer Weise eine Telefonverbindung wieder haben aufleben lassen, die seit 2016 unterbrochen war mit den engeren Führungszirkeln sowohl von CDU als auch von CSU, haben wir beiden als neugewählte Vorsitzende uns heute getroffen, um uns über politische Themen auszutauschen.“ Auch Söder hebt das Telefonat hervor. Das sei „eine neue Form der Zusammenarbeit“. Was für andere nicht erwähnenswert wäre, feiern CDU und CSU nach Jahren des Zerwürfnisses als etwas ganz Besonderes. Sie telefonieren wieder, und jetzt ist der bayerische Ministerpräsident auch noch in die CDU-Parteizentrale gekommen. Wenig später nehmen sie sogar noch gemeinsam an der Sitzung der Bundestagsunionsfraktion teil, der sie beide nicht angehören. Kanzlerin Angela Merkel ist auch da. Das ist die Botschaft der Union: Sie robbt sich an einen Normalzustand heran. Nur inhaltlich ist noch nicht viel passiert.

Eine Europawahl, zehn Kommunalwahlen, vier Landtagswahlen haben die Parteien in diesem Jahr zu bestreiten. Und Söder thematisiert, was viele umtreibt: Wird es einen solchen Rechtsruck geben, dass stabile, demokratische Mehrheiten – ob in Brüssel oder Brandenburg – gar nicht mehr möglich sind? Der AfD bescheinigt er einen „Weg ins Rechtsextreme“ und CDU und CSU misst er besondere Verantwortung für Stabilität zu. Sie müssten ein Anker für die Menschen sein. Die Sorge in der Union ist allerdings, dass dieser Anker noch nicht überall ausgeworfen wurde. Söder gibt zu, dass er während der erbitterten Auseinandersetzung um die Flüchtlingspolitik Fehler gemacht hat. Er selbst gehört zu den Anheizern der Debatte mit Schlagworten wie „Asyltourismus“, für die er sich später entschuldigt hat. „Man darf aus Erfahrung lernen“, sagt er, und es soll so scheinen, als sei jetzt alles wieder gut. Sie spricht von einem ausgesprochen guten und intensiven Treffen: „Das sehen sie uns beiden auch an.“ Beide strahlen. Jetzt, da Merkel und Horst Seehofer nicht mehr Parteivorsitzende seien, beginne „eine neue Phase“, betont Söder. Neue Geschwisterliebe?

Söder freut sich, dass die CDU ihre „konservative Seele wiederentdeckt“.  Kramp-Karrenbauer legt den Schwerpunkt auf die Sicher- und Wirtschaftspolitik sowie eine Umweltpolitik „ohne Deindustrialisierung“. Die für die Schwesterparteien aber interessanteste Zukunftsfrage – ob Kramp-Karrenbauer mit Unterstützung der CSU Merkel auch als Kanzlerkandidatin nachfolgt – hält Söder jetzt zeitlich nicht für angemessen. Man solle ihnen beiden erst einmal die Chance geben, aufeinander zuzugehen, sagt er. Nichts geschehe über Nacht. Sie gäben sich aber gegenseitig volle Rückendeckung. Er hätte auch sagen, dass jede und jeder CDU-Vorsitzende grundsätzlich auch Kanzlerkandidat werden kann. Hat er aber nicht. 

(kd)
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